KSC-Chaoten zündeln beim VfB
Stuttgarter dank Derbysieg wieder Erster
STUTTGART (dpa/sz) - Böller-Attacken und Pyrotechnik haben beinahe zum Abbruch des Zweitligaderbys zwischen dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC (2:0) geführt. Weil unmittelbar vor Beginn der zweiten Halbzeit beim Stand von 1:0 erneut Leuchtraketen aus dem Gästeblock abgefeuert wurden, entschied Schiedsrichter Christian Dingert, die Mannschaften wieder in die Kabine zu schicken. Erst nach zwölf Minuten pfiff er wieder an.
Dingert ließ allerdings über die Stadionlautsprecher ausrichten, dass er die Begegnung nach weiteren Vorfällen abbrechen werde. Bereits nach rund 15 Minuten hatte es eine Unterbrechung gegeben, weil KSCAnhänger Raketen auf den Platz geschossen hatten. „Das gehört nicht zum Fußball, es gibt anscheinend immer noch ein paar Wahnsinnige“, sagte KSC-Manager Oliver Kreuzer bei Sky: „Wir finden das schade, das stört den Fußball.“
STUTTGART - Es spricht eher gegen die sportlichen Fähigkeiten junger Männer in Baden-Württemberg, dass sich die Höhepunkte des ZweitligaDerbys zwischen dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC am Sonntagmittag außerhalb des Platzes abspielten – in der Untertürkheimer Kurve nämlich. Dort hatten 6000 blau-weiße Gästefans, von denen einige zuvor einen S-Bahn-Waggon zerstört hatten, allerhand Feuerwerk mitgebracht: Böller, Bengalos und Raketen, mit denen sie die ohnehin erhöhten Feinstaubwerte in der Landeshauptstadt vermutlich verdoppelten.
Zweimal wurde das Derby unterbrochen, nach 15 Minuten und gleich nach der Halbzeit, Schiedsrichter Christian Dingert drohte mit einem Spielabbruch, weil die Gesundheit von Spielern und Fans gefährdet war. KSC-Kapitän Dirk Orlishausen und ein paar Reservisten baten die Vermummten im Block schließlich persönlich, das vorösterliche Feuerwerk doch bitte zu beenden – mit Erfolg. Allerdings: Die Partie, die bei Abbruch wohl mit 0:2 gegen das Schlusslicht gewertet worden wäre, konnte der Torhüter auch nicht retten. Sie endete eben mit jenem 0:2. Die Karlsruher, die vor zwei Jahren noch ums Haar Erstligist geworden wären und derzeit für 143 Millionen Euro ein neues 35 000-Mann-Stadion planen, sind damit praktisch sicher in die Dritte Liga abgestiegen. Acht Zähler trennen sie nach einer erschreckenden Leistung von Platz 16.
Auf sechs Positionen hatte ihr neuer Trainer Marc-Patrick Meister die Startelf umgestellt – wohl zu viel Veränderung. Arg viel mehr als Fehlpässe und Stückwerk hatten die Gäste, die auf ihren feinsten Fußballer Moritz Stoppelkamp (Faserriss) verzichten mussten, nicht zu bieten. Auch der VfB suchte im von Hannes Wolf umgebauten Zentrum nach Ordnung. Der Trainer, dem in Carlos Mané bis Saisonende der gefährlichste Mann im Mittelfeld fehlt, hatte überraschend Alexandru Maxim als Linksaußen und Berkay Özcan als Spielgestalter nominiert, allerdings fabrizierte auch der VfB im vorderen Drittel etliche Fehlpässe. Chancen hatte er dennoch, die größte nach vier Minuten durch Christian Gentners Direktabnahme, die Orlishausen wegboxte, die nächste durch Simon Terodde (25.), der 60 Sekunden darauf das 1:0 mit vorbereitete. Terodde verwirrte die KSC-Abwehr, der Torjäger stand bei Gentners Flanke im Abseits, nicht aber der Japaner Takuma Asano, der mutterseelenallein die Führung köpfte und den VfB-Fans offenbar neues Selbstbewusstsein schenkte.
Fans mit Seitenhieb gegen KSC
„Wir steigen auf und ihr steigt ab“, spotteten die Ultras in der Cannstatter Kurve, bereits vor der Partie waren die Schwaben in ihrer Choreographie nicht zimperlich mit ihren Nachbarn umgegangen. „Der Fächer fürs Gesindel, das Zepter für uns“, hatten sie aufs tribünengroße Plakat gepinselt, inklusive badischen Bettlern und rot-weißem König.
Will der VfB Anfang Mai tatsächlich zum Zweitligakönig aufsteigen, wird er sich noch steigern müssen. Kurz vor der Pause musste Torhüter Mitchell Langerak in höchster Not gegen Florian Kamberi retten, danach herrschte Leerlauf, ehe Asano die Partie in der 61. Minute per Abstauber entschied. Vorangegangen war eine schöne Stafette über Özcan und Maxim, dessen Schuss Orlishausen nur nach vorne abwehren konnte. Nicht Asano, der sich etliche Stockfehler erlaubte, sondern der Rumäne Maxim, der erstmals seit dem 17. Spieltag in der Startelf stand, war der Gewinner der Partie: „Es war nicht einfach für Alex nach so langer Zeit. Aber auch am ersten Tor war er beteiligt und hätte das 3:0 machen können“, erklärte Wolf. „Sein Einsatz hat auch mit dem Ausfall von Mané zu tun. Wie Carlos kann auch er den letzten Pass spielen.“
Kapitän selbstkritisch
Der VfB brillierte nicht, aber er fuhr einen souveränen Arbeitssieg ein, der nach fünf Spielen ohne Erfolg auch nötig war für das Projekt Wiederaufstieg. Drei Zähler liegt der Tabellenführer nun vor dem Vierten Union Berlin, der beim 2:2 in Düsseldorf zwei Punkte verschenkte. „Das war kein Hurra-Fußball heute, aber ein verdienter Sieg in einem Spiel, in dem wir nur eine Chance zugelassen haben. Das Gute ist: Wir haben den Aufstieg weiter in der eigenen Hand“, sagte Wolf, der sich auch intern bei der Clubführung bedankte: „Da war schon Druck im Kessel. Dass ich trotz der Ergebnisse zuletzt so ruhig weiterarbeiten konnte, ist nicht selbstverständlich.“
Vor allem mit dem Blick auf die Lage 80 Kilometer nordwärts: „Wir haben jetzt den vierten Trainer in dieser Saison. Irgendwann sollte man sich als Spieler vielleicht mal an die eigene Nase fassen und merken: Es liegt an meiner eigenen Leistung“, sagte KSC-Kapitän Orlishausen. Natürlich hoffe der Club noch. „Aber wir brauchen fünf Siege aus den restlichen sechs Spielen, im ganzen Jahr haben wir bisher nur vier geholt. Wir quatschen seit Wochen, aber ich weiß nur eins: Die Tabelle lügt nicht.“