Sinn oder Unsinn, das ist hier die Frage
Schlossscheune Essingen: Bernd Lafrenz bereitet mit „Macbeth“ein köstliches Vergnügen
ESSINGEN - Wie bitte? Wie soll das denn gehen? Ein einzelner Schauspieler spielt die Shakespeare-Tragödie „Macbeth“? Im Original treten dort immerhin über zwei Dutzend Akteure auf. „Sinn oder Unsinn“, das ist hier – frei nach Shakespeare – wohl die Frage. Die Besucher in der Essinger Schlossscheune haben am Samstagabend wahrscheinlich gewusst, worauf sie sich einlassen, denn Bernd Lafrenz, in Kiel geboren und seit geraumer Zeit in Freiburg beheimatet, war vor fünf Jahren schon mal zu Gast in der Schlossscheune.
Das verriet Rainer Lächele vom Vorstand der Essinger Kulturinitiative bei der Begrüßung des Publikums in der einmal mehr proppenvollen Scheune. Überzeugte Opernfreunde haben sich, so ist zu vermuten, an diesem Abend nicht in die Scheune verirrt, sie wären auch fehl am Platze gewesen. Ohnehin hat man die Schlossscheune zwar schon als Kunstgalerie, Tagungsort, Jazzkeller oder Konzertsaal erlebt. Aber als Opernbühne? Schwer vorstellbar. War auch gar nicht nötig.
Zur Persiflage eingedampft
Den Bernd Lafrenz dampft Shakespeares blutrünstige Komödie um den Königsmörder Macbeth zu einer lustigen Persiflage ein, zu einer Comedy, bei der das Publikum die Geräuschkulisse zu den knarrenden Türen auf Macbeths Burg in Inverness beisteuern darf und eine Besucherin in der ersten Reihe sogar mit einer Minirolle in dem Stück bedacht wird.
Ansonsten macht Bernd Lafrenz alles alleine. Blitzschnell wechselt er Rollen und Kostüme, schaut als Hexe in die Glaskugel, in der allerdings erst mal ein Goldfisch schwimmt, ehe Macbeth auftaucht, mimt Macbeth und Banquo auf ihren schnaubenden und wiehernden Pferden – die existieren natürlich auch nur in der Fantasie des Betrachters – und wechselt mal schnell die Perspektive hin zu Shakespeare himself und dessen Mutter, die mit Hut und Handtasche – very british – sein Treiben kritisch beäugt.
Insgesamt liefert Lafrenz eine durchaus reife schauspielerische Leistung ab, denn die Lady Macbeth muss er ja auch noch spielen, wie sie sich die Fingernägel lackiert. Dem besoffenen Pförtner, der die schottischen Edelleute Macduff und Lennox zu früher Morgenstunde erst mal eine Weile am Burgtor klopfen lässt, verpasst er ein österreichisches Image und demonstriert damit nebenbei auch sein sprachliches Talent. Die bedeutungsschwere Tragödie des Macbeth mutierte durch diese „Bearbeitung“zu einer Persiflage, zu einer Art Commedia dell’ arte, Straßentheater im Saal sozusagen. Dem Publikum in der Schlossscheune bereitete die Vorstellung von Bernd Lafrenz sichtliches Vergnügen. „Sinn oder Unsinn“, diese Frage hatte sich am Ende erübrigt.