Abschied vom Wachstum: Brenners setzen auf bio
Der Hof in Engelhardsweiler wird künftig nach Bioland-Kriterien bewirtschaftet – Ställe mit Auslauf
ELLWANGEN - Immer mehr produzieren und immer weniger verdienen? Alois und Ingrid Brenner wollen das nicht mehr. Sie bewirtschaften ihren Schweinezuchtbetrieb in Engelhardsweiler künftig nach Bioland-Richtlinien und liefern ihre Schweine nach der Umstellung an die Firma Edeka-Südwest für deren Bioschiene.
Der Begriff Schweinezyklus hat es bis in die Volkswirtschaft geschafft. Er beschreibt das Auf und Ab der Preise für Schweinefleisch. Den Schweinezyklus kennen auch Alois und Ingrid Brenner von ihrem Hof. Mit dem Russland-Embargo sind die Preise dann katastrophal abgestürzt. „Da haben wir uns gesagt, so kann’s nicht weitergehen“, sagt Alois Brenner. Wegen der Preise. Und wegen der Haltungsbedingungen, die immer mehr in der Kritik stehen. Beim Ferkelvermarkter hat er erfahren, dass die Firma Edeka für ihre Bioschiene Erzeuger sucht. Die Verträge waren auch gut. Also steigen die Brenners um. „Ohne wäre das Risiko zu groß“, sagt Brenner.
Edeka möchte ab kommendem Jahr 500 Bioschweine pro Woche vermarkten. Ende des Jahres sollen die ersten Ferkel nach den neuen Kriterien geliefert werden. Dann werden auch welche von Brenners aus Engelhardsweiler dabei sein.
Künftig ohne Kunstdünger und Pflanzenschutz
Brenners sind in der Umstellungsphase. Davor haben sie wie viele auf Wachstum gesetzt. Als Alois Brenner den Hof von seinem Vater übernommen hat, standen 46 Sauen im Stall. Jetzt sind es 310. Künftig werden es 160 sein. Die Entscheidung für den Umstieg auf bio hat er sich nicht leicht gemacht.
Zu einem Seminar von Bioland ist er eher mit gemischten Gefühlen gefahren. Aber das Konzept hat ihn dann überzeugt. Künftig wird auf dem Hof ohne Kunstdünger und Pflanzenschutz gewirtschaftet. So wie vor 50, 60 Jahren, als es beides noch wenig gab. Landwirtschaft dagegen gibt es seit 2000 Jahren, für Brenners Beweis genug, dass es auch ohne gehen kann. Wichtig dafür sei eine gesunde Fruchtfolge mit mindestens fünf bis sechs Kulturen. „Nach uns sollen auch noch welche wirtschaften. Und wir wollen den Betrieb ein bisschen besser übergeben, als wir ihn übernommen haben.“
Auf 30 Ferkel ist eine Sau in Brenners Stall pro Jahr gekommen, 2,5 mal wirft sie. Wenn sie rauschig sind, sind sie in einem besonderen Stall zur Besamung. Da stehen sie in Kastenständen. Das liegt daran, dass rauschige Sauen unruhig sind, sagt Brenner, daher die Einzelhaltung. Danach leben die Tiere bis zum Abferkeln in Gruppen im Stall, wo sie sich frei bewegen können.
115 Tage sind die Tiere trächtig. Zum Abferkeln kommen sie wieder in Kastenhaltung. Also in Einzelboxen, in denen Sau und Ferkel vier bis fünf Wochen bleiben, bevor’s für die Ferkel zum Mäster geht und für die Sauen das Spiel mit der Besamlung von vorne beginnt.
Die Kritik an dieser Haltung sei anhaltend gewesen, sagt Brenner: „Das hat uns selber nicht mehr gefallen.“Nun baut er um. Künftig können sich die Schweine auch im Abferkelstall frei bewegen, haben hier und im Wartestall auch einen Auslauf ins Freie, der nur zum Teil überdacht ist. Für die Ferkel gibt es warme Nester aus Stroh in einem separaten Bereich.
Schweine müssen ans freie Abferkeln gewöhnt sein
Diese Haltung geht aber nicht mit jeder Schweinerasse. „Wir stellen auf eine Züchtung um, die ans freie Abferkeln gewöhnt ist“, sagt Brenner. Die Schweine müssen daran gewöhnt sein, dass ihre Ferkel frei herumlaufen und dürfen sie nicht erdrücken, wenn sie sich hinlegen. Dafür bekommen sie auch nur noch zweimal im Jahr Ferkel und es sind weniger pro Wurf.
Bisher hat Brenner seine Ferkel nach vier Wochen in einen anderen Betrieb abgegeben. Künftig zieht er sie selbst auf, bis sie 30 Kilo schwer sind, erst dann gehen sie zum Mäster. Die Schweinezucht bringt etwa 90 Prozent der Einnahmen vom Hof, sagt Alois Brenner. Den Rest macht die Direktvermarktung von Eiern und Kartoffeln aus.
Ein Jahr muss er nach BiolandRichtlinien auf seinen Äckern wirtschaften, dann darf er den Ertrag verfüttern, im zweiten Jahr ist es dann Biofutter, bei Kartoffeln dauert die Umstellung drei Jahre. Umstellen muss sich auch Brenner. Wirtschaften ohne Kunstdünger und Pflanzenschutz – außer er ist biologisch – muss er erst lernen. Und dass Unkräuter jetzt Beikräuter heißen.
„Uns war’s wichtig, aus dem Hamsterrad herauszukommen, immer mehr und immer billiger zu produzieren und dabei immer mehr Fläche zu brauchen“, sagt Brenner. Seinen Biohof kann er mit der Fläche bewirtschaften, die er schon hat. Für Brenner ist bio keine Nische für wenige: „Die Bioschiene hatte 2016 den größten Zuwachs seit einigen Jahren.“
Brenner findet, Lebensmittel sollten da produziert werden, wo sie nachgefragt werden. Und dazu passe nicht, dass Industrielle in der dritten Welt riesige Flächen kaufen und den Einheimischen die Existenz nehmen, nur um für den europäischen Markt Soja und Sonnenblumen anzubauen, die hier dann an die Tiere verfüttert werden.
Man müsse auch mal einen anderen Weg gehen. Wenn man für seine Ferkel nichts kriegt und dann noch unter Beschuss steht, das halte man nicht lang aus. Wenn aber die eigenen Produkte nachgefragt und geschätzt sind, dann mache die Arbeit auch wieder Freude.