Waschbärenplage hat Schwerpunkt im Ostalbkreis
Population wächst immer weiter – Heimische Tiere sind gefährdet – Im Kreis leben landesweit die meisten Tiere
AALEN - Waschbären werden im Land zu einer echten Plage, vor allem im Ostalbkreis. Für heimische Arten und für die Landwirtschaft ist das verhängnisvoll: Waschbären töten etwa Kröten und Vögel und beschädigen Obst und Getreide.
Im Ostalbkreis leben mit Abstand die meisten Waschbären in ganz Baden-Württemberg, wie die sogenannte Waschbärstrecke zeigt: 402 von ihnen wurden in der Jagdsaison 2015/2016 je 100 Hektar Jagdfläche entweder erlegt oder von einem Auto überfahren. „Mehr Fallwild und mehr erlegte Waschbären bedeutet auch ein höheres Waschbärvorkommen“, erklärt Jürgen Wipel vom Landwirtschaftsministerium. Dreistellige Zahlen erreichen sonst nur die Landkreise Göppingen (Jagdstrecke: 266), Waiblingen (221) und Schwäbisch Hall (104). Und die Jagdstrecke in Baden-Württemberg hat gegenüber dem Vorjahr um 29 Prozent zugenommen, wie der Jagdbericht der Wildforschungsstelle Aulendorf zeigt. Naturschützer und Jäger schlagen deshalb Alarm.
Der einzige Feind: Autos
Waschbären besitzen vielseitige Talente: Sie können klettern, schwimmen, rennen. „Zudem sind Waschbären sehr anpassungsfähig“, sagt Andreas Beck, zweiter Vorsitzender des Nabu Aalen. „Weil sie nachtaktiv sind und gut versteckt leben, sind sie allerdings schwer zu bejagen.“Zugute komme dem Waschbär außerdem, dass er „keine natürlichen Feinde hat, außer den Autos“.
Besonders Kröten und Vögel, vor allem diejenigen, die am Boden brüten, leiden darunter: Für den Waschbären sind ihre Eier eine Delikatesse. Auch zahlreiche Kröten sind ihnen schon zum Opfer gefallen. Waschbären seien jedoch Allesfresser, wie Beck beschreibt. Deshalb wandern sie auch zunehmend in die Städte und plündern dort die Bioabfälle und beschädigen zudem Obstkulturen und Getreide. Und damit nicht genug: Die Tiere machen zum Beispiel dem Uhu Brutplätze streitig.
„Waschbären verbreiten sich rasant in Baden-Württemberg“, bestätigt Katharina Theiss, Presseobfrau der Jägervereinigung Aalen im Ostalbkreis. „Besiedelte Flächen sowie der Bestand nehmen beständig zu.“Das liegt zum einen an der relativ hohen Fortpflanzungsrate: Mit einem Jahr sind die Tiere geschlechtsreif. Im Frühling bringt ein Weibchen zwei bis vier Junge zur Welt. Verliert es ihre Jungen, zum Beispiel durch kalte Witterung im Frühjahr, kann sie einen weiteren Wurf bekommen.
Sieben Tiere auf einem Bild
Die zunehmende Population in ihren Revieren beobachten die Mitglieder der Jägervereinigung Aalen schon seit Jahren: „Zum Beispiel zeigten sich kürzlich insgesamt sieben Waschbären auf einem Bild einer Wildkamera“, so Theiss. Auch ärgerten sich die Jäger über die zerstörten Wildschweinkirrungen, die zwar mit schweren Steinen vor anderen Wildarten geschützt sind, aber die sehr hartnäckigen Waschbären lassen nicht nach, bis der Stein und damit der Zugang zum Mais freigeräumt ist.
Wegen der vielen Regularien ist es aber für Jäger besonders schwer, die Population einzudämmen: „Früher
war der Waschbär ganzjährig bejagbar“, erklärt Theiss. „2015 wurde dann eine Schonzeit von März bis Juli eingeführt.“In der Hälfte dieser Zeit seien die Tiere sehr inaktiv und kaum zu bejagen. Jungwaschbären zu erlegen, ist außerdem verboten – was Theiss kritisiert: „Um eine Art effektiv zu bejagen und damit den Bestand für die heimische Tierwelt verträglich zu gestalten, ist gerade die Bejagung des Nachwuchses notwendig“, sagt die Pressesprecherin. Hinzu kommt, dass der zuständige Jagdpächter in Städten eine Ausnahmegenehmigung benötigt, weil bewohnte Gebiete als befriedete Bezirke gelten, in denen die Jagd verboten ist.