Patentkrieg: Zeiss und ASML starten Gegenangriff
Unternehmen überziehen sich in vier Ländern mit Klagen – Verhandlungen wohl nicht auf Augenhöhe
OBERKOCHEN - Der Streit zwischen Zeiss, ASML und Nikon entwickelt sich zu einem Patentkrieg: Nun verklagen die Niederländer von ASML und der Oberkochener HalbleiterExperte Zeiss SMT das Optikunternehmen aus Japan. Es geht um mehr als zehn Patente aus den Bereichen Halbleiter- und Flachbildschirmfertigung sowie Digitalkameras.
ASML und Zeiss reagieren damit auf die Patentklagen, die Nikon Anfang dieser Woche angekündigt hat (wir berichteten). „Wir haben keine Wahl als diese Gegenklagen einzureichen“, wird ASML-Chef Peter Wennink in einer Pressemitteilung zitiert. Da Nikon vor Gericht ziehe und sich gegen eine Fortsetzung des Abkommens entschieden habe, das die gegenseitige Nutzung von Patenten zuließ, habe man eigene sowie gemeinsame Klagen mit Zeiss in Japan eingereicht. Weitere Klagen folgen in den USA. Wie hoch die Schadensersatzforderungen von Zeiss und ASML sind, darüber schweigen sich die Unternehmen aus. Das laufende Verfahren wolle man nicht kommentieren, so ein Zeiss-Sprecher.
Nikon beziffert die Schadensersatzforderung nach Recherchen der „Aalener Nachrichten“allein bei der Klage in Mannheim auf 20 Millionen Euro – eine Summe, die höher oder niedriger ausfallen kann, je nachdem, wie lange und wie häufig die Patente verletzt wurden. Auswirkungen auf die aktuelle Produktion und den Vertrieb hätten die Klagen nicht, der Betrieb werde unverändert fortgeführt, heißt es von ASML, Zeiss antwortet: „Wir kommen unserer Verantwortung für die weltweite Chipindustrie in bewährter Weise nach.“
Nach wie vor bestreiten ASML und Zeiss, Patente von Nikon verletzt zu haben. Konkret geht es um sogenannte Lithografiesysteme – Geräte, die bei der Herstellung von Halbleitern gebraucht werden. Zeiss produziert in Oberkochen optische Komponenten, die ASML in diesen Systemen verbaut. Dabei sollen Zeiss und ASML auf Technologien zurückgreifen, die sich Nikon hat schützen lassen. Bis vor Kurzem war das auch kein Problem. Nach einem Patentstreit in Amerika wurde ein Abkommen geschlossen, das den Unternehmen erlaubte, bestimmte Patente zu nutzen. Für einen Teil davon endete die Lizenz Ende 2009. „Seit vielen Jahren bemühen wir uns um ein neues Kreuzlizenzabkommen mit Nikon, das die zunehmende Stärke unseres Patentportfolios widerspiegelt“, so Wennink weiter. Nikon habe sich jedoch nie ernsthaft an den Verhandlungen beteiligt. Ein Vorwurf, den die Japaner von sich weisen: ASML und Zeiss hätten dagegen keine Bereitschaft gezeigt, „über Bedingungen zu verhandeln, die den wirtschaftlichen Wert von Nikons patentierter Technologie reflektieren“, hieß es Anfang dieser Woche.
„Man muss auf Augenhöhe verhandeln“
Zahlreiche Verhandlungsangebote soll es gegeben haben, nur wenige Treffen kamen laut einem ASMLSprecher zustande. Am Tisch saßen nach Informationen der „Aalener Nachrichten“ein Vorstandsmitglied von ASML und zwei Juniormanager von Nikon. „Bei Patentangelegenheiten muss man aber auf Augenhöhe verhandeln“, so ein ASML-Sprecher weiter.
Nun treffen sich die Unternehmen vor Gericht – beziehungsweise vor Gerichten. Denn Zeiss, ASML und Nikon überziehen sich in vier Ländern mit Klagen. Nikon klagt in den Niederlanden, Japan und Deutschland; Zeiss und ASML in Japan sowie Amerika. „Um sein geistiges Eigentum und seine Marktposition zu schützen, blieb Zeiss keine andere Wahl, als gegen die unerlaubte Nutzung seiner Patente mit diesen Gegenklagen vorzugehen“, schreibt Zeiss in einer Mitteilung an die Medien.
Für Nikon seien die Gegenklagen „ein vorhersehbarer Schritt gewesen“, so ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage dieser Zeitung, zumal sowohl Zeiss und ASML bereits bei einer Auseinandersetzung 2001 gegen die Japaner geklagt hatten. Am Ende zahlten die Europäer laut Branchenmagazin „Forbes“145 Millionen Dollar, um den Streit beizulegen – 58 Millionen Dollar kamen seinerzeit von Zeiss. Zudem vereinbarte man, einige Patente bis Ende 2009 gegenseitig zu nutzen. Eine neue Vereinbarung scheiterte und führte nun zu den neusten Patentstreitigkeiten.