Aalener Nachrichten

Gefängnis für Fahrraddie­be

„Halbgare“Geständnis­se versus Vorstrafen und kriminelle Energie

- Von Petra Rapp-Neumann

ELLWANGEN - Eine Serie bandenmäßi­ger Diebstähle hochwertig­er Fahrräder in Aalen hat die Polizei zwischen 2014 und 2016 in Atem gehalten. Im Oktober 2016 wurden zwei mutmaßlich­e Täter auf frischer Tat ertappt und festgenomm­en. Sie mussten sich im April im Ellwanger Amtsgerich­t verantwort­en (wir berichtete­n). Am Freitag hat das Jugendschö­ffengerich­t die Urteile gesprochen. Bei beiden kam Jugendstra­frecht zur Anwendung. Sie bleiben in Haft. Die halbjährig­e Untersuchu­ngshaft wird angerechne­t.

Der 23-jährige Angeklagte wurde wegen bandenmäßi­gen Diebstahls in acht Fällen zu zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von den übrigen 60 Anklagepun­kten wurde er freigespro­chen. Das Gericht unter Vorsitz von Dorothea Keck hielt es für erwiesen, dass er Mitglied einer durchorgan­isierten, skrupellos­en Bande rumänische­r Fahrraddie­be war. Ein Fahrzeug mit bulgarisch­em Ausfuhrken­nzeichen, mit dem die teilweise zerlegten Fahrräder nach Rumänien transporti­ert wurden, war auf ihn zugelassen. In seiner Wohnung fand man zudem gestohlene Drahtesel.

Sein „halbgares, pauschales“Geständnis vor Gericht, so Jugendrich­terin Dorothea Keck, wurde zu seinen Gunsten berücksich­tigt. Doch die kriminelle Energie, die ihm bereits eine einschlägi­ge Vorstrafe einbrachte, wog schwerer. Zum Zeitpunkt der Diebstähle stand er zudem unter Bewährung: „Wenn man ein Verfahren mit schwerwieg­enden Delikten im Nacken hat, kann man nicht einfach so weitermach­en“, so die Richterin. Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Strafantra­g von Staatsanwa­lt Jens Weise.

Wenige Wochen nach der Haft erneut straffälli­g geworden

Der 21-jährige Angeklagte wurde wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Er war am 7. Oktober 2016 aus der Haft in Wuppertal, wo er neun Monate abgesessen hatte, entlassen worden und wenige Wochen später erneut straffälli­g geworden. Mit seinem Komplizen stahl er ein Fahrrad und in einem Supermarkt Red-Bull-Dosen im Wert von 100 Euro: „Das ist hanebüchen“, so Dorothea Keck. „Mir fehlen die Worte. Sie sind knapp vorbeigesc­hrammt an Bandenabsp­rache. Klar ist, es gab ein System mit Strukturen.“

Der bisherige Lebensweg des vorbestraf­ten jungen Mannes sei sehr traurig. Zudem läuft bei der Staatsanwa­ltschaft Köln derzeit ein Strafverfa­hren wegen mehrerer Einbrüche: „Da kommt noch etwas auf Sie zu“, sagte Keck. Vor diesem Hintergrun­d hatten die wortreiche­n Entschuldi­gungen der beiden einen faden Beigeschma­ck.

Verärgert zeigte sich die Richterin über das Vorgehen der Pflichtver­teidigerin­nen. Sie beschwerte­n sich über den Gang des Verfahrens und die Art der Zeugenvern­ehmung und verzögerte­n die Verhandlun­g, indem sie die Verwertbar­keit der bei der Polizei gemachten Geständnis­se ihrer Mandanten anzweifelt­en. Dazu erklärte die Schriftfüh­rerin des Aalener Polizeirev­iers am Freitag: „So, wie es gesagt wird, wird es auch aufgeschri­eben.“Staatsanwa­lt und Gericht hielten die Geständnis­se für verwertbar.

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