Freiwillige Ausreise hat Vorrang vor der Abschiebung
Infos im Kreistagsausschuss: Flüchtlinge integrieren oder ihnen einen Neustart in der alten Heimat ermöglichen
SCHWÄBISCH GMÜND (bt) - Sie kehren freiwillig in ihre Heimatländer zurück, nach China, Pakistan oder Nigeria, weil ihnen hier, im Ostalbkreis, das Rüstzeug an die Hand gegeben wird, im alten Land eine neue Existenz aufzubauen und in Würde zurückzukehren – nicht als Gescheiterte. Sie nähen also, sie kaufen einen gebrauchten Traktor, sie machen sich mit einem von Meisterinnenhand zusammengestellten Frisierkoffer und einem mobilen Friseursalon selbstständig. Sie bauen an, sie nähen, sie verkaufen. Oder sie kehren zu einer Familie zurück, die sie nach entsprechenden Vermittlungsgesprächen wieder aufnimmt. „QUARK“nennt sich das Projekt der Stadt und des Landratsamtes zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen.
Davon erfuhr der Sozialausschuss des Kreistags in seiner jüngsten Sitzung. Q steht für Qualifizierung, dann folgen Unterstützung, Arbeitsperspektiven, Reintegration und „K“wie Kommunale Rückkehrhilfen. Christiane Ulm für den Landkreis und Hans-Peter Reuter für die Gmünder Stadtverwaltung präsentierten das offenbar erstaunlich erfolgreiche Konzept. Grundsätzlich gilt, dass diese Beratung freiwillig, ergebnisoffen und prozessorientiert ist, erklärte Ulm, die dem Gremium einige Erfolgsgeschichten erzählte – wie die des stolzen Traktorbesitzers, der nun als Sandtransporteur gefragt ist. Ulm zeigte auch auf, dass die Kosten fürs Programm „QUARK“in keinem Verhältnis stehen zu den eingesparten Sozialleistungen – 2016 wurden für 129 ausgereiste Personen insgesamt 20 969 Euro an Reintegrationshilfen ausgegeben, im gleichen Zeitraum wurden 571 000 Euro an Sozialleistungen eingespart.
Ängste vor der Rückkehr abbauen
Zum einen gelte es, so will es das Konzept, Ängste vor der Rückkehr abzubauen: Intensive Einzel- beziehungsweise Familienberatung, Recherchen im Zielland und die Entwicklung individueller Lebensperspektiven sind Voraussetzung. Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Unterstützung bei der Entwicklung einer neuen Lebensgrundlage im Herkunftsland – für den Aufbau eines eigenständigen Lebens ohne öffentliche Mittel und bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Damit verbunden sind Anleitungen zur Existenzgründung und Vermittlung von Praktika, Kursen, generell Qualifizierung. Die Vermittlung von Betreuung im Herkunftsland ist für besonders hilfsbedürftige Flüchtlinge nach der Rückkehr gedacht – die Betreuung im Herkunftsland erfolgt dann durch Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen, NGO, zum Beispiel über IntegPlan, BAMF, GIZ oder URA2; je nach Fall wird der Kontakt bereits vor der Ausreise aufgenommen und gegebenenfalls aufrechterhalten.
Auch finanzielle Hilfen sind möglich: Passbeschaffungskosten und Übernahme von Zeugnisübersetzungen. Des Weiteren wird bei der Beantragung von Rückkehrhilfen über die „International Organisation for Migration“(IOM) geholfen, verbunden mit der Beantragung von Projektmitteln aus Bundesmitteln für spezielle Länder. Ebenfalls denkbar ist die Aufstockung der staatlichen Beihilfen nach individueller Beurteilung – bei einer bestimmten Familiengröße etwa oder bei besonderen Schwierigkeiten. Im Einzelfall kann durch EU-Mittel oder aus der Landesförderung geholfen werden. Weitere Inhalte der Rückkehrberatung sind die Unterstützung bei der Passbeschaffung, Übersetzung von Dokumenten – insbesondere Schulzeugnisse –, Gespräche mit Eltern und Kindern und medizinische Unterstützung, etwa die Versorgung mit Medikamenten.