„Das Leben ist keine Butterbrezel“
Runder Tisch zum Protesttag zur Gleichstellung für Menschen mit Behinderung im Ellwanger Rathaus
ELLWANGEN - Der Ellwanger Bahnhof bleibt das Dauerthema am Runden Tisch. Barrierefrei sollen alle Gleise werden. Doch das geht nicht, sagt der Leiter des Bahnhofsmanagements Ulm im Ellwanger Rathaus. Dort treffen sich jedes Jahr Menschen mit Behinderung, die Verantwortlichen der Stadtverwaltung und Vertreter von Aktionsbündnissen, um über Schwierigkeiten und Verbesserungsmöglichkeiten zu reden.
Was hat sich im vergangenen Jahr in Sachen Barrierefreiheit getan? Das ist die zentrale Frage am Runden Tisch. Thema Nummer 1 ist wieder der Ellwanger Bahnhof. Einen ersten Erfolg gibt es inzwischen, den Hublift an Gleis 1, sagt Thomas Buchholz von der Konrad-Biesalski-Schule.
Bei Zugreisen nach Aalen funktioniere oft die Koordination der Bahn mit den Mitarbeitern des MobilitätsServices nicht, geben zwei Rollstuhlfahrer an. Dieter Maier von der Bahn hört sich die Kritik genau an. „Im Normalfall funktioniert das einwandfrei“, erwidert er. Er will die Fälle prüfen und gibt den Betroffenen seine Kontaktdaten. „Es klappt eigentlich überall, nur in Aalen oft nicht“, wirft eine Rollstuhlfahrerin ein. Entweder sei trotz Anmeldung kein Mitarbeiter da oder er stehe am anderen Ende des Zugs. Der Bahnhof in Ellwangen aber treibt die Runde am meisten um. Der Zugang zum Gleis sei seit Jahren Thema, so Buchholz. „Wir brauchen eine Lösung in Sicht.“Barrierefrei ist nur Gleis 1, die Gleise 2 und 3 sind es nicht. Dafür müssten mehrere Millionen Euro in die Hand genommen werden, sagt Maier. Denn der Bahnhof sei nicht leicht umzubauen.
Womöglich bringt ja die Landesgartenschau die Lösung. Vorausgesetzt Ellwangen bekommt den Zuschlag. Dann wäre eine Untertunnelung und damit ein barrierefreier Zugang möglich, so der Oberbürgermeister Karl Hilsenbek. Im Herbst will sich die Stadt um die Landesgartenschau bewerben. Dann könnten Bahn, Stadt und Land den Umbau gemeinsam finanzieren, so Hilsenbek weiter.
Das ist zu wenig, findet Buchholz. „Angesichts der Milliarden, die in Stuttgart vergraben werden, ist das Geld kein Argument. Wir geben in dieser Hinsicht keine Ruhe.“
Auch in anderen Bereichen wird keine Ruhe gegeben. Beispielsweise hingen die Busfahrpläne zu weit oben, wird kritisiert. Nicht richtig abgesenkte Bürgersteige machen Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten massive Probleme. Zugeparkte Gehwege zwingen sie, auf die befahrenen Straßen auszuweichen.
Eigentümer für Barrierefreiheit verantwortlich
Viele Geschäfte seien für Rollstuhlfahrer oder gehbehinderte Menschen schwer bis gar nicht zu erreichen, ist ein anderer Kritikpunkt. Da müsse die Stadt aktiv werden, fordert Buchholz, aufmerksam machen und ein Auge darauf haben.
Diese Verantwortung will Oberbürgermeister Hilsenbek aber nicht übernehmen. „Die Erreichbarkeit liegt immer beim Eigentümer“, sagt er. Die Menschen mit Behinderung müssten den Geschäften klar machen, dass ihnen dadurch Kundenpotenzial verloren gehe.
Dass sie selbstbewusst sind, zeigen die Menschen mit Behinderung bereits zum Auftakt der Sitzung im Rathaus. „I am what I am. I am a special creation“, singen sie. Und fügen hinzu: „Schlimmer geht immer“oder „das Leben ist keine Butterbrezel“.