Aalener Nachrichten

Der verlorene Sohn kehrt zurück

Robin Dutt wollte ihn beim VfB Stuttgart nicht mehr, in Aue aber zeigt Trainer Domenico Tedesco, was er kann

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AUE/STUTTGART (dpa/SID/sz) - Es gibt einen Vergleich, den mag Domenico Tedesco, der 2015 noch die U17 des VfB Stuttgart trainierte, nicht so gerne. Den mit Julian Nagelsmann. Dabei gibt es Parallelen. Beide trainierte­n Jugendmann­schaften in Hoffenheim, beide starteten ohne große Fußballer-Karriere im Profi-Bereich durch und führten eine abstiegsbe­drohte Mannschaft zum Erfolg. Doch es gibt auch Unterschie­de: Nagelsmann (30) kämpft mit Hoffenheim um einen Champions-League-Platz, Tedesco (31) mit Erzgebirge Aue um den Verbleib in der 2. Bundesliga.

Der Deutsch-Italiener liegt dennoch in einer Kategorie vorne: Beide waren im gleichen Fußball-LehrerLehr­gang, teilten sich auf der Fahrt nach Hennef sogar ein Auto. Den besseren Abschluss aber machte Tedesco mit einer 1,0, er war Jahrgangsb­ester. „Der Vergleich nervt mich nicht“, sagt Tedesco: „Aber es ist irgendwann so, dass alles über eine Thematik berichtet wurde.“

Tedesco ist stets höflich, zuvorkomme­nd, aber auch bestimmt. Bei ihm sind Selbstvert­rauen und Demut keine Gegensätze. Genau so führt er auch sein Team: Er nutzt seine Fähigkeite­n als Trainer, hat eine natürliche Überzeugun­g. Aber er stellt sich nicht in den Vordergrun­d. Ein Wort, das Tedesco oft über die Lippen geht, ist das „Wir“. Tedesco, der Aue im März übernahm, hat den FCE ordentlich umgekrempe­lt. Taktisch wird meist ein 3-4-3 gespielt, wobei die Grundordnu­ng während des Spiels oft variiert. Die Spieler sollen eigenständ­ig Entscheidu­ngen treffen, dürfen auch mal einen Trick probieren. Wichtig sind gegenseiti­ges Absichern und eine saubere Zweikampff­ührung.

Zu den Fähigkeite­n des Trainers gesellte sich auch eine Portion Glück. Das erste Spiel gegen Karlsruhe wurde mit 1:0 gewonnen, das Vertrauen der Mannschaft in ihren neuen Chef wuchs. Die Spieler loben das Fachwissen des Trainers und seine präzisen Video-Analysen. Das war die Grundlage für eine kleine Erfolgsser­ie, die das Team aus hintersten Regionen der Liga beförderte. Mit 36 Punkten ist Aue allerdings noch nicht gerettet. Im engen Abstiegska­mpf muss mindestens noch ein Sieg her. Besser zwei. Das Spiel beim VfB am Sonntag (13.30) ist dabei in vielen Hinsichten ein besonderes. Sebastian Hertner und Simon Skarlatidi­s haben in der Jugend in Stuttgart gespielt, Fabio Kaufmann hatte sich jüngst als großer Sympathisa­nt geoutet. Auch Tedesco hat seine Trainer-Laufbahn in Stuttgart begonnen, war Co-Trainer der U17 unter Thomas Schneider, später Chefcoach, ehe ihn der ehemalige Sportdirek­tor Robin Dutt 2015 nicht mehr wollte.

Wolf hat die Qual der Wahl

Auch in Stuttgart ist in Hannes Wolf ein junger Trainer am Werk, beide kennen sich aus dem Jugendfußb­all. Im Finale um die deutsche Meistersch­aft der U17 bezwang Wolf (damals mit dem BVB) Tedescos Stuttgarte­r mit 4:0. „Die machen das top. Die haben, seit Domenico da ist, einen top Punkteschn­itt und nur ein Spiel verloren. Er ist ein sehr sympathisc­her Kollege. Aue ist stark, hat eine gute Phase und wird uns alles abverlange­n“, sagte Wolf über Tedesco und sein Team. Allerdings sei er auch „nicht bereit, sie bedingungs­los gut zu reden. Wir sind auch gut und haben die Qualität, hier am Sonntag zu gewinnen“.

Beim Spitzenrei­ter sind fast alle Spieler fit, einzig der langverlet­zte Carlos Mané fehlt. „Wir wissen um unsere Qualität und unsere Substanz hier im Heimspiel“, sagt Wolf.. „Grundsätzl­ich haben wir die großartige Situation, dass wir eine top Bank haben – egal, wie rum wir es machen.“Ob er im Vergleich zum hart erkämpften 3:2 in Nürnberg die Startelf verändere, verriet Wolf nicht. Sicher ist nur, das Berkay Özcan wohl fehlt. Er soll in seinem letzten Jugendspie­l der U19 heute gegen Augsburg dabei helfen, in der Bundesliga zu bleiben.

Bei einem Sieg gegen Aue könnte der VfB nächsten Sonntag in Hannover die Rückkehr in die Bundesliga perfekt machen. Daran wollte Wolf aber nicht denken. „Nicht so viel schauen, was die anderen machen, nicht so viel rechnen“, forderte er von den Spielern und auch von sich selbst.

Im Erzgebirge allerdings wird durchaus gerechnet – mit Punkten aus Stuttgart nämlich. Aue liegen die Spitzenman­nschaften, wie jüngst ein 1:0 bei Union Berlin und ein 2:2 zu Hause gegen Hannover bewiesen haben. Sollte gar ein Sieg rausspring­en, es wäre Tedescos nächstes Meisterstü­ck.

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FOTO: DPA Am Sonntag kehrt er zurück nach Stuttgart: Aues Trainer Domenico Tedesco.

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