Lügen-Lego in der Reichstags-Kita
Wenn Nordrhein-Westfalen der Gradmesser ist, ist die Bundestagswahl gelaufen – und, was viel dramatischer ist, dann dürfte es ab Herbst ordentlich Zoff geben im Reichstag. Nein, nicht im Parlament, sondern im sogenannten Spielzimmer. Diese Woche eröffnet nämlich die Abend-Kita für den Nachwuchs der Abgeordneten. Hierfür mussten die Vizepräsidenten des Parlaments sogar einen Raum direkt neben dem Plenarsaal räumen. Wenn am Abend mal etwas länger debattiert wird, sollen die Kleinsten dort betreut werden – von 17 bis 21 Uhr.
Mal abgesehen davon, dass Kinder um neun Uhr abends ins Bett gehören, mag man sich lieber nicht vorstellen, wie es dort bald zugeht. Zwar entspringt die Reichstags-Kita einer parteiübergreifenden Initiative. Gründerinnen sind Ex-Familienministerin Kristina Schröder von der CDU, die Linken-Vorsitzende Katja Kipping und die grüne Abgeordnete Franziska Brantner. Die drei Frauen waren sich erstaunlicherweise einig, Kinder sind aber bekanntlich stets direkt und manchmal gnadenlos.
Was da ab Oktober los sein wird! Nicht auszudenken, wenn neoliberale Knirpse auf die Töchterchen frustrierter Genossen treffen und ihnen auf rosa-gelbem Teppich mit datengeschützten WhatsApp-Mitteilungen verkünden, dass sie künftig für ihr Studium zahlen müssen. Kleine grüne Pazifisten sind keine mehr da. Stattdessen spielen brüllende Besserwisser in der Kuschelecke LügenLego. Mit Memory ist es da ja nicht weit her. Dazwischen sitzen Erzieher und versuchen zu erklären, warum alle Großen zur kinderlosen Chefin im Hosenanzug Mutti sagen. (jos)