Bennet Müller: „Aalen ist wichtig für die Grünen“
Landesmitgliederversammlung der Grünen Jugend in Aalen: Sie will Demokratie verändern
AALEN - Die Grüne Jugend hat sich am Wochenende in Aalen zu ihrer Landesmitgliederversammlung in der Waldorfschule getroffen. Für Bennet Müller, Kandidat im Wahlkreis Aalen bei der vergangenen Landtagswahl, ist es das letzte Treffen dieser Art. Im Gespräch mit unserem Redakteur Robin Uhlenbruch gibt der 27-Jährige einen Ausblick auf den kommenden Bundestagswahlkampf und erklärt, wie die jungen Mitglieder die Altpartei treiben wollen.
Warum fiel die Wahl der jungen Grünen auf Aalen als Treffpunkt?
Für mich ist das ein kleines, persönliches Abschiedsgeschenk. Ich werde in diesem Jahr zu alt für die Grüne Jugend und scheide automatisch aus.
In anderen Parteien liegt die Altersgrenze in den Jugendorganisationen meist bei 35 Jahren: Wie alt werden Sie?
Im Dezember werde ich 28. Das ist die Obergrenze bei der Grünen Jugend. Gleichzeitig ist diese aber auch ein klares Signal: Wir setzen uns gezielt für Studenten und junge Menschen in der Ausbildung ein. Wer bis 35 – wie in anderen Parteien üblich – tätig ist, steckt doch schon in einer völlig anderen Lebensphase. Die Mitglieder sind dann bereits mitten im Berufsleben und der Familienplanung.
Ist der Treffpunkt in Aalen auch dem guten Ergebnis bei der vergangenen Landtagswahl geschuldet?
Wir hatten hier einen Zugewinn von zehn Prozent. Und ja, die Stadt ist ein wichtiger Baustein für die Grünen. Aalen wächst bei den Einwohnerzahlen und hat viele Studenten und junge Familien. Daher ist das ein besonders interessanter Wahlkreis für uns.
Mehr als 31 Prozent der Aalener haben 2016 grün gewählt: Ein Er- gebnis, von dem derzeit bundesweit nur geträumt werden kann. Im Saarland flog die Partei aus dem Landtag, auch in Schleswig-Holstein verzeichnete man einen Verlust. Warum durchlaufen die Grünen derzeit ein Tief?
Ich würde es nicht als Tief bezeichnen. Gleichzeitig sind wir aber dabei, aus dieser Phase herauszukommen, wie die Umfragen in den vergangenen zwei Wochen gezeigt haben. Trotz des Verlusts war Schleswig-Holstein kein schlechtes Ergebnis, sondern unser zweitbestes in der Geschichte des Bundeslandes. Das Abschneiden im Saarland ist vor allem den strukturellen Schwierigkeiten vor Ort geschuldet.
Die 14-Prozent-Marke wollten die Grünen im Bund nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg anstreben.
Unser Ergebnis 2016 war ein starkes Signal für den Bundestrend. Doch unser Bundesparteitag, die problematische Steuerdiskussion sowie die scharfe Kritik von Grünen-Chefin Simone Peter am Großeinsatz der Kölner Polizei zu Silvester haben uns viel gekostet. Ähnlich wie der Schulz-Effekt zu Beginn. Jetzt zeigt sich aber, dass dieser lediglich eine Luftblase war und unsere Zahlen wieder steigen. Ich rechne mit einem vernünftigen Ergebnis im September.
Welche Koalition präferiert dabei die Grüne Jugend?
Wir setzen auf einen Kern der Eigenständigkeit.
Bedeutet konkret?
Grüne Inhalte, die nicht verhandelbar sind: offene Gesellschaft, Naturschutz sowie eine Energie-, Verkehrund Agrarwende. Daher werden wir mit allen Parteien sprechen und Schnittmengen prüfen – außer mit der AfD. Das können wir schon definitiv ausschließen. Ansonsten bin ich aber kein Fan von „Ausschließeritis“. Das endet nur erneut in einer Großen Koalition, die die Menschen satt haben.
Welches zentrale Signal haben die jungen Mitglieder am Wochenende gesetzt?
Die Grüne Jugend will die Demokratie verändern, sodass sich wieder alle als Teil der Gesellschaft verstehen. Dabei kann sie etwas weiter gehen als unsere Altpartei. Die jungen Mitglieder verstehen sich als Stachel im Fleisch, der antreibt. So haben sie die DemokratieResolution „Update Demokratie“verabschiedet. Ein Thema, das gut in die Zeit passt. Die Wahl von Donald Trump und das starke Ergebnis von Marine Le Pen, die ein Drittel der Stimmen bei der französischen Präsidentenwahl einheimste, zeigen eines deutlich: Demokratische Werte sind in Gefahr. Viele Menschen fühlen sich abgehängt und nicht mehr von der Politik gehört.
Passend dazu kommt Ihr Antrag, der ein Listenwahlrecht für die kommende Landtagswahl fordert. Ein überfälliger Schritt? Definitiv. Das Paradoxe: BadenWürttemberg
ist vielfältiger als jede andere Region. Wir sind das drittjüngste Bundesland, haben einen höheren Frauenanteil und belegen Platz 1 bei Menschen mit Migrationshintergrund in einem Flächenland. Gleichzeitig ist der Landtag relativ alt, hat einen niedrigen Frauenanteil von nur 25 Prozent und nur wenige Abgeordnete mit ausländischen Wurzeln. Das bildet unsere Bevölkerungsverhältnisse nicht ab. Zudem haben alle anderen Bundesländer bereits das Listenwahlrecht etabliert. Das Thema ist zwar bereits im Koalitionsvertrag fixiert, aber ich wollte es noch einmal aktiv auf die Tagesordnung setzen.