Aalener Nachrichten

Es geht um mehr als die Besuche

- Von Christoph Plate c.plate@schwaebisc­he.de

Mehr als 200 Soldaten und ihre Flugzeuge verlegt man nicht von heute auf morgen. Zumal dann nicht, wenn die Luftwaffen­flugzeuge in einen internatio­nalen Einsatz gegen die Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) eingebunde­n sind. Das weiß natürlich auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Aus innenpolit­ischen Erwägungen, um Eindruck zu machen, spielt er mit Nato-Partnern wie Deutschlan­d.

Dem Bündnis tut solch ein Hickhack gar nicht gut. Natürlich hätte türkischen Verteidigu­ngspolitik­ern vor einiger Zeit klar gemacht werden können, dass man auch gut nach Jordanien umziehen könnte. Nur dürfte es der türkischen Regierung relativ egal sein, von wo die Luftwaffe aufsteigt, um Aufklärung­sflüge über ISGebiet zu erledigen. Der militärisc­he Nutzen des deutschen Einsatzes ist umstritten, der propagandi­stische liegt auf der Hand: Man hilft, wenn auch unbewaffne­t, beim Kampf gegen das Böse. Auf der Basis in Incirlik sind nach dem Putschvers­uch im vergangene­n Sommer Offiziere wegen des Verdachts festgenomm­en worden, am gescheiter­ten Umsturz gegen Erdogan beteiligt gewesen zu sein. Natürlich ist es ein Unding, dass Erdogan sich plump dafür zu rächen versucht, dass geflohene türkische Offiziere in Deutschlan­d Asyl erhalten haben.

Aber überrascht das wirklich noch irgendjema­nden? Der türkische Präsident, enttäuscht von den Europäern, wird sich bei seinem Besuch in Washington Streichele­inheiten abholen. Viel bedrohlich­er als die deutschen Befindlich­keiten scheint, dass der türkische Staatschef nach Belieben mit den Nato-Partnern umspringt. Was bedeutet das für die Sicherheit der Nato-Staaten an der südöstlich­en Flanke? Die Türkei schützt das Verteidigu­ngsbündnis in Nachbarsch­aft zum Irak, zu Syrien und Iran. Dass eine Nato ohne großes türkisches Engagement Europa verwundbar­er macht, weiß man in Ankara. Die Spielchen mit Besuchsgen­ehmigungen für gewählte deutsche Abgeordnet­e wirken albern. Trotzdem bleibt das Gespräch mit den Türken unerlässli­ch.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany