Grenzgänger
wird neuer französischer Regierungschef. Der konservative Politiker gehörte während des PolitikStudiums den Sozialisten an und passt damit in das parteiübergreifende Konzept des neuen Präsidenten Macron. Philippe, Bürgermeister von Le Havre, unterstützte als Sprecher den Vorwahlkampf des Kandidaten Alain Juppé. Im Gegensatz zu seinem Mentor scheint der 46-Jährige aber bereit zu sein, die alten politischen Muster zu verlassen.
Grenzüberschreitungen sind die Sache des eher kühl wirkenden Philippe. „Ich bin in einem eher linken Umfeld groß geworden, wo man sozialistisch wählte“, bekannte der Sohn zweier Französischlehrer, der im französischen Gymnasium in Bonn sein Abitur machte. In der Sozialistischen Partei identifizierte sich der Politiker mit Michel Rocard, der einen sozialdemokratischen Kurs vertrat. Als Rocard die Parteiführung aufgeben musste, gab auch Philippe sein Parteibuch zurück, um sich den Konservativen anzuschließen, bei denen er mit 32 Jahren Generalsekretär wurde. In der Partei der Republikaner (LR) schrieb der gelernte Anwalt vor allem Juppé alle Qualitäten eines Präsidenten zu. „Ich bin ein Mann der Rechten, aber ich weiß, dass das Allgemeinwohl alles Engagement bestimmen sollte“, bekannte der Amateurboxer in seiner ersten Ansprache nach seiner Ernennung am Montag.
Für Macron hat sein Regierungschef den Vorteil, dass er die Nationalversammlung als Abgeordneter gut kennengelernt hat. Auf eine Kandidatur bei den Parlamentswahlen im Juni verzichtete der Roman-Hobbyautor, um sich auf seine Aufgabe als Bürgermeister zu konzentrieren. In seiner Stadt, die er seit 2010 regiert, ist der dreifache Vater beliebt: Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde er mit 52 Prozent in der ersten Runde wiedergewählt. Auch wenn Philippe im Wahlkampf gegen Macron stichelte, scheinen sich die beiden Männer gut zu verstehen. Christine Longin