Aalener Nachrichten

Merkel kritisiert türkisches Besuchsver­bot

Nach neuem Zerwürfnis um Incirlik ist für die Kanzlerin Jordanien ein möglicher Alternativ-Standort

- Von Tobias Schmidt

BERLIN - Die Verärgerun­g ist groß bei Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU). „Das ist misslich. Und wir haben das auch auf verschiede­nen Kanälen klargemach­t“, erklärte Merkel. Abermals verbietet die Türkei Bundestags­abgeordnet­en, Soldaten auf dem Nato-Stützpunkt im türkischen Incirlik zu besuchen. Ein Affront unter Nato-Partnern und eine Reaktion Ankaras auf den Asylschutz, den Deutschlan­d mehreren türkischen Soldaten und ihren Familien gewährt.

„So geht man unter Nato-Partnern nicht miteinande­r um“, zeigte sich der Wehrbeauft­ragte Hans-Peter Bartels am Montag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“alarmiert. „Das ist ein Fall, wie wir ihn im Bündnis noch nicht hatten. Das kann auch die Nato sich nicht bieten lassen.“Wenn Ankara das Besuchsver­bot für Abgeordnet­e nicht aufhebe, „werden die Bundeswehr­soldaten nicht in der Türkei bleiben können“.

Die Verlegung des Bundeswehr­kontingent­s und der „Tornado“-Aufklärung­sjets wird erwogen. Eine Alternativ­e sei Jordanien, sagt die Kanzlerin. Sie gibt damit ein unmissvers­tändliches Signal an den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan. Merkel: „Die Bundeswehr ist eine Parlaments­armee. Und damit ist es absolut notwendig, dass Besuchsmög­lichkeiten für unsere Abgeordnet­en bestehen bei ihren Soldatinne­n und Soldaten.“

Nato-Gipfel nächste Woche

Das angespannt­e Verhältnis zwischen Ankara und Berlin erreicht einen neuen Tiefpunkt. Eine Chance zum direkten Gespräch mit Erdogan hat Merkel am Donnerstag nächster Woche beim Nato-Gipfel. Schon im vergangene­n Jahr durften Abgeordnet­e monatelang nicht nach Incirlik reisen. Damals hatte die türkische Regierung auf die Armenien-Resolution des Bundestage­s reagiert und erst eingelenkt, als die Bundesregi­erung betonte, die Resolution sei rechtlich nicht bindend. „Jetzt ist das Maß voll“, sagt der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, Rainer Arnold. „Unsere Soldaten können nicht länger in Incirlik bleiben.“Schon im vergangene­n Herbst wurde geprüft, ob die „Tornados“und die Truppen verlegt werden könnten, ohne den Kampf gegen den IS, an dem sich die Bundeswehr von Incirlik aus beteiligt, zu beeinträch­tigen. Zum ersten Mal wird der Schritt jetzt ganz konkret angepeilt. Neben Jordanien käme noch Zypern als neuer Standort für die 260 Soldatinne­n und Soldaten und die Aufklärung­s- und Betankungs­flugzeuge infrage. Der Vollzug würde aber Monate dauern und der Einsatz wäre nur noch mit Abstrichen möglich, heißt es aus dem Verteidigu­ngsministe­rium.

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FOTO: DPA Zwei Tornados der Luftwaffe der Bundeswehr in Incirlik. Das Verhältnis zwischen Ankara und Berlin erreicht einen neuen Tiefpunkt.

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