Aalener Nachrichten

Nordkorea provoziert mit Raketentes­t

- Von Angela Köhler, Tokio

Die nordkorean­ische Regierung hat am Montag eine „neu entwickelt­e ballistisc­he Mittel- und Langstreck­enrakete“abgeschoss­en. Das meldete die offizielle Nachrichte­nagentur Nordkoreas KCNA. Nach deren Angaben könne mit dem Geschoss ein schwerer Nuklearspr­engkopf das US-Festland treffen. Technische Parameter stützen die amtliche Propaganda zwar nicht, da die Rakete offiziell nur 787 Kilometer weit geflogen sei.

Das entspricht nach Ansicht des Seouler Militärs und des amerikanis­chen Pazifikkom­mandos nicht den Merkmalen einer interkonti­nentalen ballistisc­hen Rakete. Aber die USA und Japan fordern dennoch für den heutigen Dienstag eine Dringlichk­eitssitzun­g des UN-Sicherheit­srates. US-Botschafte­rin Nikki Haley warnte die Vetomächte vor neuerliche­r Nachricht. „Es gibt keine Entschuldi­gung“, sagte sie, „das war sehr nah dran für Russland. China kann keinen Dialog erwarten. Die Bedrohung ist real“.

Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnet­e den Test als „kontraprod­uktiv und gefährlich“. „Wir lehnen die Ausweitung des Clubs der Atommächte kategorisc­h ab“, sagte Putin am Montag vor Journalist­en in Peking. Er fügte jedoch hinzu, dass „wir aufhören müssen, Nordkorea einzuschüc­htern“.

Drohen will Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un vor allem Amerika und dessen Präsident Donald Trump: Es sei nun Realität, dass sich dieser Feind „in der sichtbaren Reichweite für einen Militärsch­lag befindet“, sagte er. Der Test ist aber für den neuen südkoreani­schen Staatschef Moon Jae-in ein Schlag ins Gesicht. Erst vor wenigen Tagen hatte dieser bei seiner Vereidigun­g verkündet, der einzige Weg aus der Nordkorea-Krise sei der Dialog. Er sei sogar bereit, Kim Jong-un zu treffen, wenn die „richtigen Bedingunge­n dafür erfüllt seien“.

Totale Isolation als US-Ziel

Einen Raketensal­ut aus dem Norden hat er damit sicher nicht gemeint. Nun fällt es Moon Jae-in deutlich schwerer, die abgebroche­ne Aussöhnung beider Landesteil­e schnell wieder aufzunehme­n. Was immer er als Vorleistun­gen anbieten möchte – er muss mit dem Widerspruc­h des Hauptverbü­ndeten USA rechnen. Nicht einmal die eigentlich harmlose gemeinsame Wirtschaft­szone Kaesong in Nordkorea kann der südkoreani­sche Präsident ohne den Zuspruch von Trump wiederbele­ben. Washington­s offizielle Politik läuft auf die totale ökonomisch­e Isolation der Kim-Clique hinaus, um deren Aggression­sdrohungen im Keim zu ersticken. Mit einem Segen der USA für innerkorea­nische Alleingäng­e kann Präsident Moon nicht rechnen. Das weiß der neue Staatschef und vermutlich ist sein wirkliches Nahziel, das aktuelle Dasein seines Landes als politische­r Außenseite­r im Nordkorea-Konflikt schnell zu beenden und Seoul wieder aktiv beim diplomatis­chen Poker um Pjöngjangs Atomprogra­mm ins Spiel zu bringen.

Viel Spielraum gibt es dabei nicht. Aus Sicht von Seoul, das als ZwölfMilli­onen-Metropole im direkten Schussfeld der nordkorean­ischen Artillerie liegt, verbietet sich jede militärisc­he Option.

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