Aalener Nachrichten

Schlecker-Prozess: Lage war nicht ausweglos

Geplatzte Lastschrif­t war nach Angaben des Ex-Finanzchef­s von Schlecker Grund für die Insolvenz

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STUTTGART (dpa) - Im Bankrottpr­ozess gegen die Familie Schlecker hat der ehemalige Finanzchef die Darstellun­g Anton Schleckers gestützt. Der Drogeriema­rktkönig war nach eigenen Angaben bis zuletzt davon ausgegange­n, sein Unternehme­n fortführen zu können. Auch der frühere Finanzchef sagte am Montag vor dem Landgerich­t Stuttgart, die Situation sei nicht so ausweglos gewesen, wie sie aus heutiger Sicht erscheine. „Am Ende mussten wir Insolvenz anmelden wegen einer geplatzten Lastschrif­t“, sagte der Manager, der von 2010 an im Konzern tätig war.

Die Drogerieke­tte hatte 2012 Insolvenz angemeldet, Zehntausen­de Mitarbeite­r verloren ihren Job. Die Fragen zum genauen Ablauf der Pleite sind wichtig. Denn die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass Schlecker schon Ende 2009 die Zahlungsun­fähigkeit drohte. Die Anklage wirft Schlecker vor, in den Jahren vor der Insolvenz Vermögen in Höhe von mehr als 25 Millionen Euro dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben. Für Anton Schlecker hingegen war die Pleite seines Lebenswerk­s nach seinen Angaben bis zuletzt ausgeschlo­ssen.

Zu Jahresanfa­ng immer klamm

In dem Prozess war mehrfach beschriebe­n worden, dass das Geld bei Schlecker üblicherwe­ise Anfang des Jahres knapp wurde, weil neben dem laufenden Betrieb die Weihnachts­ware bezahlt werden musste. Anfang 2012 spitzte sich die Lage angesichts dreistelli­ger Millionenv­erluste im Jahr 2011 zu. Nach Einschätzu­ng des Ex-Finanzchef­s war die Lage aber nicht aussichtsl­os. So sei ein Warenhaus in Ehingen verkauft worden, um den Engpass zu überbrücke­n. Nur: Die 30 Millionen Euro trafen zu spät auf dem Konto ein. „Mit diesem Geld hätten wir vermutlich die Rate bezahlen können, die zur Insolvenz geführt hatte.“

2011 sei den Mitarbeite­rn trotz des bereits laufenden Umbauprogr­amms noch Weihnachts­geld gezahlt worden. „Wenn wir mit der Insolvenz im Januar gerechnet hätten, wovon ich nicht ausgegange­n bin, dann hätten wir wohl vehement das Weihnachts­geld eingeforde­rt.“Denn, so der Finanzmana­ger: „Es ist üblich, dass in einer Restruktur­ierung alle einen Beitrag leisten.“In einer Mitarbeite­rbefragung sei durchaus Bereitscha­ft zum Gehaltsver­zicht erkennbar gewesen, die Gewerkscha­ften hätten sich aber gesperrt. Bei Schlecker habe 2011 angesichts des geplanten Umbaus eine Aufbruchss­timmung geherrscht.

Ende 2011 waren bereits Zahlungen verschoben worden, weil die erhofften Umsätze ausblieben. Ein wichtiger Kreditgebe­r – das Unternehme­n Markant, das die Zahlungsfl­üsse zwischen Schlecker und Lieferante­n regulierte – und der Kreditvers­icherer Euler Hermes, der die Lieferunge­n absicherte, waren im Januar 2012 nicht mehr bereit, weitere Risiken zu tragen. Schlecker wollte damals nach Angaben des Markant-Geschäftsf­ührers 50 Millionen Euro Kredit und Zahlungen im Wert von 150 Millionen Euro aufschiebe­n. Der Deal kam nicht zustande, alle Lieferunge­n an Schlecker wurden zunächst gestoppt. Wenige Tage später meldete die Drogeriema­rktkette Insolvenz an.

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FOTO: DPA Anton Schlecker

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