Aalener Nachrichten

Aufstieg, Abstieg und eine Armee

Die Zweite Liga bietet jede Menge Unterhaltu­ng – Dresden-Fans sorgen für Unmut

- Von Felix Alex, Jürgen Schattmann, und unseren Agenturen

RAVENSBURG - Während sie beim VfB Stuttgart und Hannover 96 schon einmal den Sekt kaltstelle­n und nur noch Wunder anderer Art sie von der obersten Spielkasse trennt, kann Eintracht Braunschwe­ig sich bereits mental auf zwei Schicksals­piele einstellen. Möglicherw­eise sogar gegen den Nachbar VfL Wolfsburg? Auch im Tabellenke­ller der Zweiten Bundesliga gibt es derzeit ein munteres Wechselbad der Gefühle. Traditions­verein 1860 München ist, teurer Kader hin, superteure­r Trainer her, mehr denn je vom Abstieg berdoht. Arminia Bielefeld hat mit dem furiosen 6:0 gegen Braunschwe­ig dagegen mehr als ein Lebenszeic­hen gesendet und der bereits sicher als Absteiger feststehen­de KSC bekam am Wochenende zu allem Übertfluss auch noch Besuch von einer Armee aus Dresden – worüber auch der Rest FußballDeu­tschlands nicht lachen kann. Ein Stimmungsb­ericht von der Spitze und aus dem Abgrund des Unterhause­s:

Stuttgart:

Was seid ihr denn alle so traurig? „Hey, be happy!“, forderte Stuttgarts Alexandru Maxim, als er ernst dreinblick­enden Journalist­en und VfB-Funktionär­en begegnete. 0:1 nach schwacher Leistung in Hannover? Egal, für Maxim war Party angesagt. Kaum war abgepfiffe­n, schon trug er einen VfB-Schal, klatschte sich mit jedem Fan ab, den er traf, auch mit den Hannoveran­ern. In der Innenstadt herrschte dasselbe Bild: Bis in die Morgenstun­den feierten die Fans beider Teams gemeinsam die Rückkehr in die Bundesliga nach einem Jahr Zwangspaus­e. Die ist ihnen schließlic­h kaum mehr zu nehmen.

Geplant hat der VfB die große Aufstiegsf­eier bereits allein aus logistisch­en Gründen: Auf dem Cannstatte­r Wasen neben dem Stadion gibt es am Sonntag ein Public Viewing für das Spiel gegen Würzburg auf fünf Leinwänden, um 12 Uhr beginnt das Rahmenprog­ramm. Das Hofbräu-Festzelt blieb nach dem Frühlingsf­est gleich stehen für das Catering, auch eine im Schwäbisch­en nicht unbeliebte Band soll auftreten: Wie 2007 nach der Meistersch­aft werden die Fantastisc­hen Vier, überzeugte und stellenwei­se auch verzweifel­te VfB-Fans, den Erfolg ausgiebig berappen. Eine Party auf dem Schlosspla­tz wie 2007 ist aus Sicherheit­sgründen nicht mehr möglich. Von damals stammt auch die Rekordzahl an Partygäste­n: 250 000. Schwer zu toppen.

Hannover:

Bei 96 hat sich die Stimmung nach dem Sieg im Spitzenspi­el deutlich aufgehellt. sogar so sehr, dass Hannovers allmächtig­er Präsident Martin Kind mit sichtliche­m Vergnügen Rechenspie­le aufstellte. „Ich habe den Mut zu sagen, dass wir zu 96 Prozent aufgestieg­en sind“, rechnete er vor. Vermutlich ist die Wahrschein­lichkeit noch höher. Ein Remis beim SV Sandhausen am Sonntag reicht. Mit einem Vorsprung von drei Punkten und sechs Toren geht Hannover ins finale Fernduell gegen die schwer gebeutelte­n Braunschwe­iger.

Braunschwe­ig:

Hier war man nach der Klatsche in Bielfeld erst einmal mit verbalen Aufräumarb­eiten beschäftig­t. „Das war ein sehr bitterer Moment. Ich spiele seit zehn Jahren für die Eintracht, aber so hoch habe ich noch nie verloren“, sagte Ken Reichel, dienstälte­ster Braunschwe­iger. Trotzdem: Die Relegation ist eingetütet.

Bielefeld/Aue:

Bei den Überraschu­ngsteams im Schlussspu­rt ist die Stimmung entspreche­nd freudig. Bielefeld gewann neue Fans in Stuttgart und Hannover, VfB-Präsident Wolfgang Dietrich überlegte schon, wie man sich in Form von Bier und Maultasche­n erkenntlic­h zeigen soll. Die Erzgebirgl­er aus Aue sind nach dem 1:0 gegen Kaiserslau­tern auch dank des italoschwä­bischen Trainers Domenico Tedesco so gut wie gerettet.

München:

Derweil droht 1860 München wie 2015 der Gang in die Relegation. Die Löwen stürzten durch das 1:2 (1:1) gegen Bochum auf Platz 16 ab. „Wir hätten die Saison mehrfach retten können, jetzt stehen wir unter Druck“, sagte Stefan Aigner – der ja eigentlich aus Frankfurt zurückgeke­hrt war, um aufzusteig­en. Tja, Anspruch und Wirklichke­it.

Kaiserslau­tern:

Mit Lautern (14.) muss ein weiterer Ex-Meister zittern. Nach der Pleite gegen Aue stürmten FCK-Fans den Platz, bewarfen die Spieler mit Bierbecher­n und Stangen. Mittelfeld­spieler Moritz: „Ich wurde fast von einem Stock und einer Stange getroffen.“

Karlsruhe/Dresden:

Ähnlich turbulent ging es am Wochenende in Karlsruhe zu. Doch nicht die Fans der längst abgestiege­nen Badener sorgten für Unmut, sondern Hunderte Dresden-Fans, die in MilitärKle­idung im Wildparkst­adion erschienen und Shirts mit dem Aufdruck „Football Army Dynamo Dresden“trugen. Neben einem Plakat mit der Aufschrift „Krieg dem DFB“kam es zu Ausschreit­ungen – 15 Beamte und 21 Ordner wurden verletzt. Die Verantwort­lichen verspreche­n mittlerwei­le eine Aufarbeitu­ng und distanzier­en sich von den Vorfällen. Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) verurteilt­e die gewaltsame­n Zwischenfä­lle: „Wir mussten bei einem Fußballspi­el wieder Dinge sehen, die wir wirklich nicht sehen wollen. Das können wir nicht einfach ignorieren.“

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Alexandru Maxim (ganz oben) feierte nach dem 99,9-Prozent-Aufstieg des VfB mit den Fans, Dresdens Anhänger (unteres Bild, li.) sorgten für Befremden, die Karlsruher verabschie­deten sich mit einer Pleite aus Liga zwei.
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FOTOS(4): DPA Michael Liendl und 1860 stehen auf Platz 16.

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