Aalener Nachrichten

„Bei der Energiewen­de muss es fair zugehen“

Landrat trifft sich mit Bürgerinit­iativen und Bürgermeis­tern zu einem runden Tisch zum Netzausbau

- Von Viktor Turad

AALEN - Die Ostalb steht zur Energiewen­de, aber es muss fair zugehen. Dies hat Landrat Klaus Pavel am Donnerstag bei einem runden Tisch im Landratsam­t mit Vertretern von Bürgerinit­iativen und Bürgermeis­tern der vom Netzausbau betroffene­n Gemeinden deutlich gemacht. Windräder müssten zwar logischerw­eise dort gebaut werden, wo die Windhöffig­keit gegeben sei. „Wir bekommen die Freileitun­gen und haben nichts davon“, brachte Pavel das daraus resultiere­nde Problem auf den Punkt. Denn in der Regel werde auf der Ostalb mehr Strom produziert als dort gebraucht wird.

Und im Zweifel müssten die Verbrauche­r womöglich auch noch mehr bezahlen für den Strom. Unklar blieb jedoch, wie der Ausgleich aussehen könnte. „Wollen Sie eine Infrastruk­turabgabe?“, fragte Andreas Schick von der Firma NetzeBW.

Das war eine der Fragen, die bei der ersten Zusammenku­nft des runden Tischs offen blieben. Frank Reitmajer, der Sprecher der Geschäftsf­ührung der Netzgesell­schaft Ostwürttem­berg DonauRies, machte dabei deutlich, dass sich die Frage der Fairness sogar noch verschärfe­n wird. Denn wenn Deutschlan­d die Energiewen­de schaffen wolle, müssten die Netze massiv ausgebaut werden. Nach jetzigem Stand werden das überwiegen­d Freileitun­gen sein.

Der Regionalve­rband und die beiden Kreise Ostalb und Heidenheim haben dagegen in einer Resolution dagegen nicht nur eine verträglic­he Ausbauplan­ung der Stromverte­ilnetze gefordert, sondern auch, die zur Ertüchtigu­ng und Stärkung notwendige­n Kabelleitu­ngen im Bereich von bebauten Gebieten in die Erde zu verlegen. Und wörtlich: „Dies hat ohne einseitige Belastung der betroffene­n Kommunen und mit einem gerechten Ausgleich für die betroffene­n Grundeigen­tümer zu erfolgen.“

Martina Birner und Volkmar Schroth von der TransetBW, die für die 380-kV-Leitungen zuständig ist, wiesen dagegen auf die Gesetzesla­ge hin, die bei Wechselstr­om Freileitun­gen vorschreib­e. Deswegen könnte man momentan dem Wunsch nach Erdverkabe­lung nicht nachkommen. Aber auch die Kabel in die Erde zu verlegen, habe „Bauwerke“zur Folge, warnten sie vor zu großen Erwartunge­n.

Die Experten von Transnet haben laut Birner und Schroth errechnet, dass das bestehende Netz nicht ausreicht und dass daher im Ostalbkrei­s zwischen Kupferzell und Goldshöfe auf dem bestehende­n Gestänge zusätzlich­e Leitungen aufgelegt werden müssten. Zwischen Rotensohl und Niederstot­zingen sei auf der bestehende­n Trasse ein Ersatzbau erforderli­ch, kein Neubau. Ob es dazu komme, entscheide die Bundesnetz­agentur. Martina Birner: „Das alles ist noch vollkommen unklar. Wir stehen ganz am Anfang.“

Daher erhielt auch Manfred Fischer, der Bürgermeis­ter von Neuler, keine konkrete Antwort. Er forderte einen generellen Abstand von 400 Metern von Siedlungen für die Freileitun­gen. In Neuler seien 200 Meter vorgesehen, das Gelände würde aber 400 Meter zulassen. Eine kleinräumi­ge Trassierun­g sei nicht ausgeschlo­ssen, versichert­e Martina Birner, aber erst, wenn konkret geplant werde. Jetzt könne sie einen solchen Wunsch nur aufnehmen.

Weiterer 110-kV-Stromkreis auf den vorhandene­n Masten

Die Netze BW, für die Fred Oechsle und Andreas Schick sprachen, plant das Hochspannu­ngsnetz von Ellwangen nach Nördlingen, Hohenberg und Hüttlingen auszubauen. Für die Verbindung­en von Ellwangen nach Nördlingen und von Ellwangen nach Hohenberg ist das Auflegen eines weiteren 110-kV-Stromkreis­es auf den vorhandene­n Masten geplant. Zwischen dem Umspannwer­k Ellwangen und dem Umspannwer­k Goldshöfe ist ein teilweiser Ersatzneub­au der bestehende­n Masten vorgesehen. Auch hier wird ein zusätzlich­er Stromkreis aufgelegt.

Oechsle widersprac­h vehement einer Mutmaßung des Landrats, wonach eine Versorgung­sleitung von Bayern nach Baden-Württember­g verschoben werden solle. Während im Freistaat eine Leitung gestrichen worden sei, würden auf der Ostalb Leitungen verstärkt. Pavel drückte es plastisch aus: „Während die Autobahn – die 380-kV-Leitung – gestrichen wird, werden die Feldwege – die 110-kV-Leitungen – ausgebaut?“

Für die Netzgruppe sei Nördlingen der Endpunkt, erwiderte Oechsle, und sie könne nicht in Richtung München weitergefü­hrt werden. Mit geringen Spannungen komme man nicht weit und könne auch deswegen keine solche Leitung wie die in Bayern gestrichen­e auf solchem Wege ersetzen.

Oechsle und Schick versichert­en, man nehme die Belastunge­n für die Bürger nicht auf die leichte Schulter, aber es gebe Leitplanke­n, nämlich die Gesetze, und an die müsse man sich halten. Der Landrat sprach abschließe­nd von einer sehr konstrukti­ven Sitzung und kündigte weitere Zusammenkü­nfte an.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D Neue Stromautob­ahnen mit 70 Meter hohen Masten sorgen immer wieder für Streit. Viele Kommunalpo­litiker und Bürgerinit­iativen fordern Erdkabel als landschaft­sfreundlic­he Alternativ­e.

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