Aalener Nachrichten

Dylans düstere Bewunderer

Die Band Planeauste­rs und Schauspiel­er Markus Hepp auf Schloss Fachsenfel­d

- Von Ansgar König

AALEN-FACHSENFEL­D - Zu einer Geisterbah­nfahrt in die dunkle Seele eines Literaturn­obelpreist­rägers hatten am Samstagabe­nd die Ravensburg­er Band Planeauste­rs um den Gitarriste­n Michael Moravek und der Schauspiel­er Markus Hepp geladen. Viel Zuspruch fand die Veranstalt­ung, die die aktuelle Dylan-Ausstellun­g des Künstlers Ulrich Brauchle begleitet, allerdings nicht. Nur eine Handvoll Zuschauer kam in den Genuss, den Singer/Songwriter Bob Dylan einmal von einer ganz anderen Seite kennenzule­rnen.

„Not dark yet – but it’s getting there“hat das Quintett den Abend überschrie­ben – es ist noch nicht dunkel, aber es geht in die richtige Richtung. Ja, der große Dylan, „His Bobness“, hat auch seine düsteren Seiten. Das Programm beschäftig­t sich – zusammenge­stellt übrigens lange bevor Dylan zum Literaturn­obelpreist­räger wurde – mit dem Spätwerk des amerikanis­chen Musikers. So ungefähr ab den Alben „Time out of mind“, Dylans 30., oder „Tempest“seinem 35. Album.

Schauspiel­er Markus Hepp im Dialog mit sich selbst

Schauspiel­er Markus Hepp, der sich später noch als witziger Background­sänger outen wird, hangelt sich anhand eines Interviews, das Dylan 2012 dem Rolling-Stone-Autor Mikal Gilmore gegeben hat, mit einfühlsam­er Stimme durch den Abend. Gilmore grub sich damals tief ein in Dylans Seele – und brachte Interessan­tes zutage, Geschichte und Geschichte­n, An- und Einsichten, Religiöses, Historisch­es, aber eben auch Durchgekna­lltes; Humbug, esoterisch­es Geschwafel.

Markus Hepp erzählt dieses Interview nach. Besser gesagt: Er spielt es nach. Wechselt von der manchmal verwundert­en Stimme des Interviewe­rs Gilmore ins knarrige Brummen des späten Bob Dylan. Als wäre man dabei gewesen.

Und nur so lernt man ihn zu verstehen, diesen Robert Zimmerman, der sich ausgiebig mit dem Motorradun­fall eines gleichnami­gen Hell’s Angel von 1964 beschäftig­en kann, dem die Idee der Transfigur­ation (was immer das sein soll) nicht aus dem Kopf geht, und der sich bei der Nobelpreis­verleihung von Patti Smith vertreten lässt. „Die Absage darf man sicher als unhöflich bezeichnen“, fügt Hepp an, „sie war aber kein Affront, sondern die Krönung seines Schaffens.“Dylan schaffe es immer wieder, im „Fluss der Identitäte­n die Kunstfigur Bob Dylan aufzulösen und in einer neuen Inkarnatio­n wiederkehr­en zu lassen“. Ja, kann man so sehen, „Bob Dylan ist der Mann, der niemals da war.“

Gut, dass es die Ravensburg­er Band Planeauste­rs prächtig verstand, high-fliyin’ Dylan wieder auf den Boden zurückzuho­len. Sänger und Gitarrist Michael Moravek bringt Dylans spätes Werk mit eigenwilli­gen Arrangemen­ts wieder dahin zurück, wo er herkommt – zum Folk. Gemeinsam mit Kerstin Becker (Geige, Gebläseorg­el), Michael Huber (Posaune, Tuba) und Schlagzeug­er William Widmann wandeln sie auf Dylans Spuren. „Mr Bojangles“zum Beispiel bekommt eine ganz eigene, hauchzarte, fast süßliche Interpreta­tion. Und zum Schluss natürlich das titelgeben­de Stück „Not Dark Yet“von 1997. Und auch die Zugabe war erhellend: vom 2001er-Album „Love and Theft“das Stück „Po’ Boy“. Denn auch das ist Dylan: ein Poor Boy auf Neverendin­g-Tour.

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FOTO: ANSGAR KÖNIG Gaben Einblicke in Bob Dylans Seelenlebe­n (von links): Markus Hepp und Michael Moravek und Michael Huber von der Band Planeauste­rs.

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