Zahl der Straftaten ist rückläufig
Der Leiter des Polizeireviers Ellwangen, Gerald Jüngel, stellt im Gemeinderat die Kriminalstatistik 2016 vor
ELLWANGEN (ij) - Die Zahl der Straftaten in Ellwangen ist rückläufig, aber noch lange nicht auf dem Niveau der Jahre vor der Eröffnung der Landes-Erstaufnahmestelle. Das zeigt die Kriminalstatistik für 2016, die Revierleiter Gerald Jüngel im Gemeinderat vorgestellt hat.
ELLWANGEN - Ein bisschen besser, aber nicht viel: Die Zahl der Straftaten in Ellwangen ist rückläufig, aber noch lange nicht auf dem Niveau der Jahre vor der Eröffnung der Landeserstaufnahmestelle (LEA). Das zeigt die Kriminalstatistik für 2016, die Revierleiter Gerald Jüngel am Donnerstag im Gemeinderat vorgestellt hat.
Im Ellwanger Umland hat sich dagegen wenig geändert. Hier liegen fast alle Gemeinden ähnlich wie früher. Das Plus in Neuler ist einem Betrüger zu verdanken.
Mit der Eröffnung der LEA im April 2015 hat sich die Zahl der Straftaten in Ellwangen fast verdoppelt. 2012, 2013 und 2014 lagen sie bei rund 1250, schnellten dann auf 2034 hoch, um im vergangenen Jahr wieder leicht auf 1932 zu sinken. Die LEA hat der Stadt auch den Spitzenplatz im Ostalbkreis beschert. Bei der Häufigkeitszahl – diese statistische Größe rechnet die Zahl der Straftaten auf 100 000 Einwohner hoch – liegt Ellwangen mit 6345 (2014: 5201) vor Schwäbisch Gmünd (5857) und Aalen (4274).
Die Aufklärungsquote liegt im Bereich des Polizeireviers bei 65,3 Prozent, im Landesdurchschnitt sind es 60,2 Prozent.
Tatverdächtige: Entsprechend der Straftaten ist auch die Zahl der Tatverdächtigen gestiegen: von 923 auf 1058. 2014, also vor der LEA, waren es 555. Rechnet man Asyl- und Ausweisdelikte heraus, bleiben 895 beziehungsweise 837 im vergangenen Jahr, davon waren 456 Deutsche. Von den nichtdeutschen Verdächtigen waren 441 Flüchtlinge (2015: 296). Von diesen wiederum kamen die größten Gruppen aus Algerien (167) und Syrien mit arabischer Republik (125).
Opfer: Als Opfer zählt in der Kriminalstatistik der Polizei nur, wer unmittelbar bedroht, sexuell belästigt oder beispielsweise geschlagen wurde. Wer Betrügern auf den Leim ging oder bestohlen wurde, ist dagegen kein Opfer. Die Zahl der Opfer ist von 2015 auf 2016 von 415 auf 320 gesunken. Die meisten Opfer, nämlich 243, gab es im Zusammenhang mit Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung (41) und bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (13). Kein Wunder also, dass Männer mit 70,3 Prozent häufiger Opfer sind als Frauen (29,7 Prozent). 11,6 Prozent der Opfer waren Asylbewerber und Flüchtlinge.
Rohheitsdelikte: Dazu zählen Körperverletzungen, Straftaten gegen die persönliche Freiheit, Raub und Erpressung. Nach einem Spitzenwert von 327 im Jahr 2015 ist die Zahl hier mit 255 deutlich zurückgegangen. Zum Vergleich: 2014 waren es 179, in den Jahren zuvor knapp 160. Die LEA spielte in diesem Bereich mit sieben Fällen kaum eine Rolle. Und im Goldrain zeigt der Trend mit 59 (2015: 110) klar nach unten.
Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung: Auch hier sind die Fälle weniger geworden, nämlich 16 statt 21 wie 2015. Sie verteilen sich laut Jüngel gleichmäßig aufs ganze Stadtgebiet.
Diebstähle: Da sehe es ganz gut aus, fand Jüngel. 681 Diebstähle sind 2015 gezählt worden, 2016 waren es 498, vor der LEA lagen die Zahlen um die 400 aufwärts. Einen Ausreißer nach oben gibt es: Pfahlheim. Dort war ein auswärtiger Rohrreinigungsdienst unterwegs, dessen Mitarbeiter nicht nur Zierleisten von Autos mitgehen ließen, sondern auch Einbrüche in Fabrikhallen verübten.
Einbrüche: „Das freut mich riesig, wir haben einen Tiefstand“, kommentierte Jüngel die 13 Einbrüche, die 2016 gemeldet wurden. Im Jahr davor waren es noch 23.
Vermögens- und Fälschungsdelikte: Hier bleibt das Niveau gleichbleibend hoch mit 446 und 433 Fällen. Allerdings gehe es da oft um hohe Schäden, warnte Jüngel und forderte dazu auf, Computer mit Updates immer auf dem neuesten Stand zu halten, damit es Schadsoftware schwerer hat.
Gewalt gegen Polizisten: Sie hat in den vergangenen beiden Jahren von vier auf 17 und 20 Fälle deutlich zugenommen. Das schockierte Oberbürgermeister Karl Hilsenbek. Gewalt gegen Polizisten sei früher undenkbar gewesen.
GSRSewalt im öffentlichen Raum: Mit 74 Fällen 2015 und 2016 ist sie gleichbleibend hoch. 2014 waren es 54. Brennpunkte sind hier vor allem die Innenstadt und der Bereich um den Bahnhof. Dass der Bahnhof ein Ort des Verbrechens sei, wollte Jüngel aber nicht gelten lassen. Hier habe es in diesem Jahr bislang 66 Einsätze gegeben, meistens ging es um Hilflose, Unfälle, Sachbeschädigungen und Vermisste. traßenkriminalität: Auch hier sind mit der Eröffnung der LEA die Zahlen gestiegen von 180 auf 249 (2015) und 251 im vergangenen Jahr.
auschgiftkriminalität: Sie hat früher in Ellwangen praktisch gar keine Rolle gespielt. Die Zahlen lagen zwischen 25 und 30 Fällen. 2015 waren es dann 65, im vergangenen Jahr 45.
traftaten nach Ortsteilen: Die Zahl der Straftaten in der Altstadt (innerhalb der alten Stadtmauern) ist von 276 auf 189 gesunken. Gestiegen ist sie im Goldrain von 310 auf 379 und im Autohof durch Tankbetrügereien von 157 auf 181. 83 Straftaten wurden in der LEA registriert. Dazu gibt es keine Vergleichszahlen, weil die LEA in der Statistik für 2015 noch nicht gesondert ausgewiesen war. In Schrezheim wurden 32 Straftaten aktenkundig, vor der LEA waren es halb so viele.
äusliche Gewalt: Hier sind die Zahlen von 2012 bis 2014 kontinuierlich gestiegen von 34 auf 65 Prozent, 2015 (56) und 2016 (61) ging’s leicht zurück. Deutlich weniger geworden ist die Zahl der Platzverweise. Zehnmal hat die Polizei im vergangenen Jahr Menschen aus ihrer Wohnung gewiesen, 2015 waren es noch 18 Fälle.
HUnd sonst noch: Die Polizei beschäftigt sich aber nicht nur mit Straftaten. Sie hatte auch 142 Vermisstenfälle zu klären, ermittelte in 33 Todesfällen, bearbeitete sechs Fälle von Stalking und 563 Ordnungswidrigkeiten im Verkehr wie zu schnelles Fahren, Handy am Steuer und 127 andere Ordnungswidrigkeiten wie Ruhestörungen oder wilde Müllentsorgung. Außerdem durchliefen 1795 Ellwangerinnen und Ellwanger allen Alterns verschiedene Präventionsprogramme von der Radhelm-Kampagne bis zur Prävention für Senioren.
In der Diskussion ging es auch um die Personalsituation bei der Polizei. Er habe auch gehört, dass Innenminister Thomas Strobl mehr Polizisten schicken wolle. Allerdings frage er sich, woher die kommen sollten, sagte Jüngel. Die Polizisten, die gerade eingestellt würden, müssten erst einmal drei Jahre ausgebildet werden. Das Problem sei auch, dass in Ellwangen gar nicht alle der vorgesehenen Stellen besetzt seien. Ganz wichtig war dem Ellwanger Revierleiter auf Rückfrage von Gunter Frick (Freie Bürger), dass die Polizei auch direkt gerufen wird, wenn etwas vorfällt, und sei es eine Kleinigkeit. Es nütze nichts, wenn einer erst nach vier Tagen erzähle, dass ins Gebüsch gepinkelt oder mit Flaschen geschmissen wurde.
Mehr Mitarbeiter im städtischen Ordnungsdienst wären schön
„Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass wir keine Leute frei haben.“Aber jeder Anruf ist eine Lage und jede Lage findet sich nachher wieder in der Statistik. Und die wiederum hat dann Einfluss auf die Besetzung des Reviers, nach der sich Rolf Merz (CDU) erkundigt hatte. Was wenig helfe, sei die Verstärkung durch Brennpunktkräfte. Wenn, dann müsse die Stammbesetzung erhöht werden. Er brauche sechs bis sieben Beamte mehr, um überhaupt auf 100 Prozent zu kommen, sagte Jüngel und seufzte: „Aber woher nehmen.“
Mit der Eröffnung der LEA hatte das Revier fünf Beamte zusätzlich bekommen, diese seien da für den Streifendienst, fehlten aber dafür woanders. Die Stadt dagegen hat ihren Ordnungsdienst vor zwei Jahren nicht aufgestockt, antwortete Bürgermeister Volker Grab auf eine Frage von Fritz Widmann (CDU). „Ich würde mir wünschen, dass die Stadt hier richtig Geld in die Hand nimmt“, sagte Jüngel.