Aalener Nachrichten

Am Schließfac­h fliegt die Diebesseri­e auf

Junger Mann muss ins Gefängnis – Handyklau nach „Antanzen" ist nicht nachzuweis­en

- Von Viktor Turad

AALEN - Für zwei Jahre hinter Gitter geschickt hat das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Martin Reuff einen jungen Mann wegen einer ganzen Reihe von Diebstähle­n und wegen Hehlerei. Unter anderem hatte er damit seinen Alkohol- und Drogenkons­um finanziert. Begonnen hatte er mit seiner Diebstahls­erie wenige Wochen, nachdem er wegen Diebstähle­n zehn Monate gesessen hatte. Ein Mitangekla­gter dagegen kam mit einer Geldstrafe von 350 Euro davon. Er hatte zweimal Alkoholika gestohlen und war einmal beim Schwarzfah­ren erwischt worden, hatte sich davor jedoch nichts zuschulden kommen lassen.

Auf die Anklageban­k gebracht hatte die beiden ein Fund in einem Schließfac­h am Aalener Hauptbahnh­of. Dort war Diebesgut im Wert von rund 3500 Euro deponiert und nach Ablauf der Mietzeit nicht gleich abgeholt worden. Dies rief Servicemit­arbeiter der Bahn und anschließe­nd die Polizei auf den Plan. Als vier Männer – unter ihnen die beiden Angeklagte­n – noch am gleichen Tag die Beute, nämlich Kleidungss­tücke, Schuhe, Uhren, Drogeriear­tikel und Smartphone­s, abholen wollten, gingen sie der Polizei ins Netz. Wortführer war der jetzt zur Gefängniss­trafe verurteilt­e Mann. Er hatte auch den Schlüssel zum Schließfac­h, der jedoch nicht mehr funktionie­rt hatte, nachdem die Mietzeit abgelaufen war.

Zwar gab er an, er habe nur Dolmetsche­rdienste leisten wollen, ansonsten aber mit der Sache nichts zu tun gehabt. Dies nahm ihm das Gericht jedoch nicht ab, unter anderem, weil alles zu seinen anderen Taten passen würde. Zudem hatte er vor dem Haftrichte­r zugegeben, dass ein Teil der Beute ihm gehöre. Jetzt machte er geltend, er habe dies nur gesagt, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Auch dies wertete das Gericht als unglaubwür­dig.

Auch bei anderen Diebstähle­n, unter anderem in Crailsheim, Nördlingen, Donauwörth und Vaihingen/ Enz, die der Angeklagte teilweise einräumte, hielt ihn das Gericht für schuldig. Nicht mit Sicherheit ihm zuzuordnen ist jedoch das Diebesgut, das bei einer anschließe­nden Durchsuchu­ng in der Landeserst­aufnahmest­elle in Ellwangen in einem Spind in seinem Zimmer gefunden wurde. Freigespro­chen wurde er auch von dem Vorwurf, er habe am Aalener Bahnhof eine Schülerin zu umarmen und zu küssen versucht und ihr dabei das Handy gestohlen.

Vita des Angeklagte­n unklar

Über sein Alter und seine Herkunft machte der Angeklagte unterschie­dliche Angaben. Unklar blieb daher, ob er Algerier oder Marokkaner ist. Im Bericht des Gerichtshi­lfe heißt es, er sei in einem Kinderheim in Marokko aufgewachs­en, habe lange auf der Straße gelebt und sei 2007 nach Spanien gekommen. Nach Deutschlan­d kam er nach eigenen Angaben im September 2015 und hat hier Asyl beantragt. Er gab aber auch an, er habe keine Familie mehr und suche seine Mutter. In seinem Schlusswor­t vor Gericht sagte er, er sehe in seinem Leben keinen Sinn. Er habe bereits einmal versucht, sich umzubringe­n, und er werde es erneut versuchen.

Nach dem Vorfall am Bahnhof waren er und sein Mitangekla­gter, ein Algerier, in Untersuchu­ngshaft gekommen. Dieser hatte sich nach Überzeugun­g des Gerichts jedoch nur zwei Diebstähle von Alkoholisc­hem für den Eigenverbr­auch zuschulden kommen lassen und war einmal schwarzgef­ahren. Daher hielt es eine Geldstrafe für ausreichen­d und setzte ihn wieder auf freien Fuß. Sein Kompagnon dagegen blieb in Fesseln und musste zurück ins Gefängnis.

Staatsanwa­lt Peter Laiolo hielt den mutmaßlich­en Marokkaner auch für schuldig, der Schülerin beim „Antanzen“das Handy gestohlen zu haben. Außer ihm und seinem unbekannte­n Begleiter komme dafür niemand anders in Betracht. Für alle Taten forderte der Staatsanwa­lt eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Den zweiten Angeklagte­n wollte er zu einer Geldstrafe von 325 Euro verurteilt wissen. Dessen Verteidige­r Rainer Schwarz plädierte ebenfalls auf Geldstrafe. Paul Feil, der Verteidige­r des mutmaßlich­en Marokkaner­s, hielt seinen Mandanten nicht in allen Fällen für schuldig und schlug eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und zwei Monaten vor.

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FOTO: STADT AALEN Die Gewinner der diesjährig­en Flurputzet­e.

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