Babyklappen fehlen auch im Ostalbkreis
Angebote mit medizinischer Versorgung für Mutter und Kind gibt es an den Kliniken Ostalb
AALEN - Nachdem eine 23-Jährige ihre frisch geborene Tochter in Rulfingen im Landkreis Sigmaringen erwürgt hat, wird in sozialen Netzwerken die Notwendigkeit von Babyklappen diskutiert. Da es im Umkreis der Frau keine solche Einrichtung gegeben hat, stellt sich die Frage, ob eine Babyklappe den Tod des Mädchens hätte verhindern können. Auch wer im Ostalbkreis nach einer Babyklappe Ausschau hält, sucht vergeblich. Die nächste gibt es erst in Stuttgart.
Die Einrichtung von Babyklappen sei vor geraumer Zeit auch hierzulande kontrovers diskutiert worden, sagt Susanne Dietterle vom Landratsamt Ostalbkreis. „Letztlich fiel die Entscheidung dahingehend aus, auf Babyklappen zu verzichten und auf die sogenannte vertrauliche Geburt zu setzen, die in unseren Kliniken angeboten wird.“Das bedeutet, dass Frauen nach der Geburt ihr Kind in der Klinik lassen können, das Jugendamt vermittelt das Baby dann weiter an eine Adoptivfamilie.
Ausschlaggebend sei für die Entscheidung gewesen, dass in diesem Fall Mutter und Kind während und nach der Geburt in einer Klinik medizinisch betreut werden können. Außerdem könne ein Kind, das in einer Babyklappe abgegeben wird, auf Lebenszeit psychischen Belastungen ausgesetzt sein, weil es nie etwas über seine eigene Abstammung in Erfahrung bringen könne. „Mit der vertraulichen Geburt hat das Kind ab 16 Jahren die Möglichkeit, seine Abstammung zu recherchieren“, sagt Dietterle.
Angebote nicht bekannt
Neben der vertraulichen Geburt gibt es an den Kliniken Ostalb auch die Möglichkeit einer anonymen Geburt: Frauen gebären ihre Kinder unter einem Pseudonym und lassen das Baby in der Klinik. Außerdem können sich Frauen, die ihr Kind nicht behalten wollen, an die Adoptionsvermittlungsstelle des Jugendamts wenden.
Das Problem dieser Angebote: Sie seien nicht so bekannt wie der Begriff der Babyklappe, sagt Ralf Mergenthaler vom Ostalb-Klinikum Aalen. „Im vergangenen Jahr hat es in den Kliniken Ostalb keine anonyme Geburt gegeben.“Es sei schwierig für die Mediziner die Schwangeren auf diese Möglichkeiten anzusprechen und aufzuklären, erzählt Mergenthaler. Gerade Frauen, die Probleme mit der Schwangerschaft haben, verweigern sich oft den Beratungen und Voruntersuchungen. „Da stellt sich eben die Frage, wie man solche Frauen erreichen und die Angebote bekannt machen kann.“Am ehesten sei das über das Internet möglich, da die wenigsten einen Flyer beim Arzt mitnähmen. Im Netz und über soziale Medien werde über das Thema informiert, berichtet Dietterle. Zudem würden schon an Schulen Informationsveranstaltungen gehalten.
Keine Babyklappen geplant
Um gefährdete beziehungsweise betroffene Frauen im Rahmen eines präventiven Ansatzes möglichst frühzeitig zu erreichen, biete der Ostalbkreis eine Palette an niedrigschwelligen Beratungs- und Hilfsangeboten im Fachzentrum für frühe Hilfen (JuFam) an, sagt Dietterle. „Ein Teil dieses Netzwerkes ist unsere Schwangerenberatungsstelle.“Neben dem Landratsamt haben auch die Kreisdiakonie und die Caritas im Ostalbkreis Schwangerenberatungsstellen. Die Erfahrung zeigt, dass Frauen, die über das JuFam unterstützt werden, sich dann oft doch für ihr Kind entscheiden.
„Trotz eines sehr engmaschigen und niedrigschwelligen Netzwerkes können natürlich trotzdem niemals alle Frauen in Konfliktsituationen erreicht werden“, bedauert Dietterle. Die Frage sei allerdings, ob Babyklappen tatsächlich verhindern könnten, dass Kinder ausgesetzt oder getötet werden. „Das ist bislang nach unserem Kenntnisstand nicht belastbar untersucht.“Für den Landkreis sind auch in Zukunft keine Babyklappen geplant.