Aalener Nachrichten

Trump hat das „große Bild“nicht im Blick

US-Präsident bricht mit alter Tradition der US-Politik: in internatio­nale Beziehunge­n zu investiere­n – Er bedient alleine seine politische Basis

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Es ist nicht so, dass Donald Trump der erste US-Präsident wäre, der sich schwertut mit dem Klimawande­l. Schon George W. Bush übernahm das Argument, wonach internatio­nale Klimaabmac­hungen der eigenen Wirtschaft schaden, obwohl sie in Wahrheit die Modernisie­rung derselben fördern.

Selbst Barack Obama brauchte eine Weile, ehe er seiner Rhetorik zum Thema Erderwärmu­ng politische Taten folgen ließ. Bevor Obama den Pariser Gipfel zu einem Erfolg machte, indem er dazu beitrug, die zögernden Chinesen ins Boot zu holen, hat er auf einem anderen, in Kopenhagen, die Rolle des Bremsers gespielt.

Was Trump indes unterschei­det von all seinen Vorgängern, ist ein extrem engstirnig­er Blick auf den Planeten. Der funktionie­rt in seinen Augen strikt nach dem Prinzip des Nullsummen­spiels. Vorteile für den einen gehen zwangsläuf­ig auf Kosten des anderen, als wäre es naiv, an die gerade im optimistis­chen Amerika so häufig beschworen­e Win-Win-Situation zu glauben. Sieger oder Verlierer, dazwischen gibt es nichts.

Wer sich noch Illusionen machte über angeblich aufgeklärt­e Strategen im Stab des Weißen Hauses, wurde dieser Tage eines Besseren belehrt. Die Welt, schrieben Herbert Raymond McMaster und Gary Cohn im „Wall Street Journal“, sei keine globale Gemeinscha­ft, vielmehr sei sie eine Arena, in der Nationen, nichtstaat­liche Akteure konkurrier­en, um für sich das Beste herauszuho­len. Der eine ist Sicherheit­sberater, der andere für Wirtschaft­sfragen zuständig.

Das Weltgesche­hen als Nullsummen­spiel: Der Ansatz hat Trump letztlich zum Ausstieg aus dem Klimaschut­zdeal bewogen. Damit bricht er mit der Tradition einer Denkschule, von der Amerika in den vergangene­n siebzig Jahren enorm profitiert­e – dies ist eine große Zäsur.

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben US-Präsidente­n den nationalen Vorteil nie egomanisch eng definiert, sondern fast immer mit dem „big picture“im Blick. Wer von der Stabilität internatio­naler Beziehunge­n profitiere­n will, muss in sie investiere­n. Das kostet Geld, ist aber billiger als jede Alternativ­e. Es paarte sich mit dem Grundsatz, dass die weiche Macht der Werte, des guten Beispiels oft mehr bewirkt als die militärisc­he.

Nationalis­ten setzen sich durch

Mit der Mentalität eines Buchhalter­s hat Trump mit der Tradition aufgeklärt­en Denkens gebrochen. Einstweile­n sind es die populistis­chen Nationalis­ten, angeführt vom Chefideolo­gen Steve Bannon, die sich durchgeset­zt haben. Das Weiße Haus kleidet seine Erbsenzähl­erei in Thesen, die auch ökonomisch keinen Sinn machen, jedenfalls nicht für die USA als Ganzes.

Mit seiner Klimarheto­rik erweckt Trump den Anschein, als hänge die Zukunft des Landes allein von der Fähigkeit ab, unbeschrän­kt Kohle zu verbrennen. In seinem Amerikabil­d dreht sich alles um den Rostgürtel der Old Economy, als gäbe es nicht auch Kalifornie­n mit seinen anders gelagerten Interessen. Nun haben ihn die Wähler im Rust Belt die Wahl gewinnen lassen, während ihm Kalifornie­n die kalte Schulter zeigte. Trump belohnt Loyalität, er bedient allein seine politische Basis, egal, was es für den Rest bedeutet.

Tatsächlic­h beschäftig­t die Solarenerg­ie mehr als doppelt so viele Menschen wie die Kohlebergw­erke zwischen Wyoming und West Virginia. Wenn es eine Wachstumsb­ranche gibt, dann sind es erneuerbar­e Energien. Kalifornie­n, auf sich allein gestellt die sechstgröß­te Volkswirts­chaft der Erde, hat beschlosse­n, die Emission von Treibhausg­asen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 zu senken, woran sich nichts ändern dürfte.

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FOTO: AFP Donald Trump sieht die Weltpoliti­k als Nullsummen­spiel.

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