Der Abzug der Bundeswehr aus Incirlik wird kompliziert
Der Umzug dauert etliche Wochen, kostet viel Geld und macht militärisch keinen Sinn. Trotzdem wird die Anti-ISTruppe der Bundeswehr vom türkischen Incirlik ins jordanische Al-Asrak verlegt, weil die Nato-Partner Deutschland und Türkei tief zerstritten sind. Dem Bundeskabinett blieb keine andere Wahl mehr, als den Abzug aus der Türkei einzuleiten.
Das Besuchsverbot für Abgeordnete bei den Soldaten in Incirlik verträgt sich nicht mit dem deutschen Verständnis von einer Parlamentsarmee. Darauf hatte sich die Bundesregierung früh festgelegt. Ein letzter Einigungsversuch von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) war gescheitert.
Jetzt geht es nur noch um den Vollzug eines beispiellosen Manövers: Heraus aus dem Nato-Bündnisgebiet und hinein in ein Land, in das es bisher weitaus weniger militärische Verbindungen gibt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte an, bis nächste Woche einen Abzugsplan vorzulegen. Vorher muss sie sich aber bei den Bündnispartnern um Ersatz für die Tornado-Auflärungsflugzeuge kümmern, die seit eineinhalb Jahren Stellungen der Terrororganisation „Islamischer Staat“(IS) in Syrien und im Irak ausspähen.
Für den Umzug sind zwei bis drei Monate veranschlagt. So lange dauert es, bis das Herzstück des Einsatzes verfrachtet ist. Dabei handelt es sich um die Bodenstation, in der die Bilder der Tornados ausgewertet werden, die dann von den Bündnispartnern für Bombardements genutzt werden. Die Einsatzpause für das in Incirlik stationierte Tankflugzeug ist mit zwei bis drei Wochen etwas kürzer. Insgesamt muss die Bundeswehr 200 Container nach Al-Asrak schaffen – mit dem Flugzeug oder per Schiff und auf Lastwagen. Es ist also eine größere logistische Herausforderung.
Militärisch gesehen verschlechtert
Der Stützpunkt Al-Asrak existiert seit den 1970er-Jahren und wird seit längerer Zeit für den Kampf gegen den IS genutzt. Wie in Incirlik ist auch dort die US-Luftwaffe stationiert. Trotzdem ist der neue Standort militärisch gesehen eine Verschlechterung. Die Versorgung etwa mit Treibstoff ist in Incirlik einfacher und auch die geografische Lage ist günstiger. Um zu dem südtürkischen Stützpunkt zu gelangen, überqueren die BundeswehrFlieger allein Nato-Gebiet. Auf dem Weg nach Jordanien müssen sie dagegen über Länder hinwegfliegen, die nicht zum Bündnis gehören. „Klar ist, so gesichert wie der strategische USStützpunkt in Incirlik wird die jordanische Basis nicht sein“, sagte der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels.
Eine Änderung des bestehenden Mandats ist für den Umzug rein rechtlich nicht notwendig. Der Stationierungsort ist in dem aktuellen Mandatstext nicht genannt. Es gibt aber Gespräche über einen Entschließungsantrag, der die Regierungsentscheidung unterstützen würde.
Dass der Streit über Besuche bei deutschen Soldaten in der Türkei beendet ist, ist nicht sicher. 30 Soldaten beteiligen sich von Konya aus an den Nato-Aufklärungsflügen mit „Awacs“Maschinen. Die Türkei hat eine Besuchserlaubnis für Bundestagsabgeordnete erteilt. Für den 17. Juli ist eine Reise der Obleute des Verteidigungsausschusses geplant. Das ist dann die Probe aufs Exempel. (dpa)