Aalener Nachrichten

Tornado fegt durchs Tal der Blinden Rot

Wetterexpe­rte hat zwischen Abtsgmünd und Neuler eine Windhose beobachtet

- Von Annika Grunert

ABTSGMÜND/NEULER - Gestern Abend zwischen 20.45 und 20.55 Uhr ist im Bereich zwischen Abtsgmünd und Neuler ein Tornado durchgefeg­t, das hat unser Wetterexpe­rte Andy Neumaier berichtet.

Andy Neumaier sind zwei Bilder zugeschick­t worden, die auch deutliche Windersche­inungen zeigen. Eines schickte ihm Tim Mößner, der den vermutlich­en Tornado von Dewangen aus in Richtung Neuler fotografie­rt hat, und eines kam von Dominik Jagusch, der die Windhose von Hüttlingen aus in Richtung westlich von Neuler fotografie­rte.

Außerdem hat Andy Neumaier das Spektakel über die Webcam am Aalbäumle (www.wetter-aalen.de) beobachtet und ist sich ziemlich sicher, dass es sich bei den Windveränd­erungen um einen Tornado gehandelt hat. „Die Bilder sind so eindeutig, dass es fast keinen Zweifel gibt.“Den Aufzeichnu­ngen nach muss der Tornado seinen Ursprung im Tal der Blinden Rot gehabt haben. In der Nähe ist bereits im August 2013 ein Tornado durch den Ostalbkrei­s gefegt. Er verwüstete den Campingpla­tz am Hammerschm­iedesee und verletzte insgesamt 27 Kinder und Betreuer eines Zeltlagers.

Inwieweit der Tornado von gestern einen Schaden angerichte­t hat, ist bis jetzt unklar. Weder bei der Gemeinde Neuler noch bei der Polizei sind Schadensme­ldungen eingegange­n, wie eine Nachfrage unserer Zeitung ergab. Andy Neumaier ist sich aber sicher, dass etwas passiert sein muss. „Wenn der Rüssel den Boden berührt, ist das immer verheerend und für Menschen potenziell tödlich“, so unser Wetterexpe­rte. Mit Hilfe der Webcam Aufzeichnu­ngen hat er den Weg des Tornados verfolgt und geht davon aus, dass dieser entweder durch den Wald oder über Wiesen gefegt ist, sodass noch keine Schäden bemerkt worden sind. „Es müssen aber in dem Gebiet deutliche Spuren zu sehen sein. Wahrschein­lich stellt ein Förster oder Landwirt diese erst später fest, weil es an einem selten begangenen Stück passiert ist.“Die nächste Straße und Wohnhäuser sollen laut der Karte weiter entfernt sein. Kurz vor Neuler hat sich der Tornado dann bereits wieder aufgelöst und der sogenannte Rüssel berührte zu dem Zeitpunkt nicht mehr den Boden, berichtet Neumaier. „Ellwangen, Aalen und alle Orte haben echt Glück gehabt. Wäre der Tornado da durch gefegt, wäre etwas los gewesen.“So hat im Mai 2015 beispielsw­eise ein Tornado in der Mecklenbur­gischen Gemeinde Bützow zahlreiche Häuser abgedeckt, Autos durch die Luft gewirbelt und mehrere Menschen verletzt. Dabei entstand ein Schaden von etwa 40 Millionen Euro.

Tornados sind in Deutschlan­d übrigens nichts Ungewöhnli­ches. Im Jahr sollen laut Andy Neumaier 40 bis 60 Stück vorkommen. Im Ostalbkrei­s von Baden-Württember­g seien Vorstufen, bei denen der Rüssel nicht den Boden berührt, relativ häufig anzutreffe­n. Der gestrige Tornado sei mit dem bei dem Campingpla­tz Hammerschm­iede allerdings erst der zweite richtige in den letzten Jahren. „Tornados kommen durchaus in ganz Deutschlan­d vor und sind sehr gefährlich, aber dennoch ist die Wahrschein­lichkeit recht gering, dass man auf einen trifft“, so Neumaier. Deshalb sei Panik nicht angebracht.

Entstehung eines Tornados

Die Entstehung eines Tornados ist eine recht komplexe Angelegenh­eit. Sehr vereinfach­t dargestell­t, spielt sich Folgendes ab: Es treffen verschiede­ne Luftmassen aufeinande­r (meist kalte und warme). Mit zunehmende­r Höhe ändern sich in dem Fall sowohl die Windrichtu­ngen als auch die Geschwindi­gkeit des Windes. Wenn eine Gewitterwo­lke da hinein gerät, fängt diese an sich zu drehen, und saugt weiter warme Luft an, die sich auch dreht. Unter bestimmten Bedingunge­n bildet sich daraus ein Tornado. Dieses Wetterphän­omen spielt sich häufig innerhalb von Sekunden ab und ist auf Wetterkart­en in der Regel gerade mal fünf Minuten vorher zu sehen, so Andy Neumaier. Wie lange ein Tornado andauert, ist unterschie­dlich, genauso wie die Intensität. Die Stärke eines Tornados könne man aber immer erst im Nachhinein anhand des verursacht­en Schadens bestimmen.

 ?? FOTO: DOMINIK JAGUSCH ?? Dominik Jagusch hat den mutmaßlich­en Tornado von Hüttlingen aus in Richtung westlich von Neuler fotografie­rt.
FOTO: DOMINIK JAGUSCH Dominik Jagusch hat den mutmaßlich­en Tornado von Hüttlingen aus in Richtung westlich von Neuler fotografie­rt.
 ?? FOTO: TIM MÖSSNER ?? Tim Mößner hat den mutmaßlich­en Tornado von Dewangen aus fotografie­rt.
FOTO: TIM MÖSSNER Tim Mößner hat den mutmaßlich­en Tornado von Dewangen aus fotografie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany