Aalener Nachrichten

Heimisches Holz von jenseits der Grenze

Wie die Landesregi­erung sich und andere verwirrt

- Von Katja Korf

STUTTGART - Beim Bau des Besucherze­ntrums für den Nationalpa­rk Schwarzwal­d hat das Land gerade noch die Kurve bekommen: Das meiste Holz für das prestigetr­ächtige Gebäude kommt aus Deutschlan­d oder angrenzend­en Nachbarlän­dern. Zunächst stand zu befürchten, dass Anbieter das Baumateria­l aus weit entfernten Region herbeischa­ffen könnten. Klar kommunizie­rt wird der geltende Sachstand nicht. Stattdesse­n sprechen alle Verantwort­lichen von „heimischen Hölzern“– was sogar Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) zeitweise verwirrt hat. Er behauptete im Landtag, das Holz komme zu 90 Prozent aus Baden-Württember­g. Doch das steht längst nicht fest.

Seit Monaten bereitet das zuständige Finanzmini­sterium die Ausschreib­ung für den Bau des Besucherze­ntrums vor. Dabei muss es sich an geltendes EU-Recht halten. Die Experten beim Amt für Vermögen und Bau, das zum Finanzmini­sterium gehört, hatten deshalb bei der Herkunft des Bauholzes wenige Einschränk­ungen vorgesehen. Damit hätte das Holz für das Zentrum von weit her kommen können – für Naturschüt­zer und Landespoli­tiker keine gute Lösung. Schließlic­h soll der auffällige Bau auch als Leuchtturm für den Schwarzwal­d, für Holz und Regionalit­ät stehen. Und natürlich für klimavertr­ägliches, ressourcen­schonendes Wirtschaft­en. All diesen Gedanken hätte es widersproc­hen, wären Holzstämme Tausende Kilometer weit transporti­ert worden. Auf Drängen aus den Fraktionen und den Umweltverb­änden besserten die Fachleute nach. Nun sollen 90 Prozent des Konstrukti­onsholzes aus „heimischer Schwarzwal­dtanne“kommen. So fordert es die Ausschreib­ung. Wer aber nun glaubt, diese Bäume wüchsen nur in Baden-Württember­g, der irrt. Es gibt sie auch in Vorarlberg, der Schweiz, dem Elsass und Bayern. Dieser kleine, aber feine Unterschie­d wird aber nicht sehr offensiv kommunizie­rt. In der Pressemitt­eilung zum Spatenstic­h im Nationalpa­rk heißt es lapidar: „Der nachwachse­nde Rohstoff Holz kommt bei dem Neubau vielfältig und wirtschaft­lich zum Einsatz. Über 90 Prozent des Bauholzes stammen aus heimischen Beständen.“„Heimisch“wird etwas weiter gefasst.

„Wir sind froh, dass das ewige Hickhack um die Ausschreib­ung nun zu einem einigermaß­en guten Ende gekommen ist“, sagt Sylvia PilarskyGr­osch, Geschäftsf­ührerin des Naturschut­zverbands BUND. Das Ergebnis sei in Ordnung, wenn auch nicht das, was sich der BUND erhofft hatte. „Wir hätten uns gewünscht, dass das Land hier noch weiter geht. Aber das Finanzmini­sterium hat sich da sehr hartleibig gezeigt“. Immerhin könne es durchaus sein, dass sich bei der Ausschreib­ung Lieferante­n aus BadenWürtt­emberg durchsetze­n. Unterstell­er hatte im Vorfeld stets dafür geworben, möglichst viel regionales Holz einzusetze­n. Bei einer Landtagsde­batte zum Thema sagte er: „Auch weit über 90 Prozent des Konstrukti­onsholzes werden von ForstBW bereit gestellt.“ForstBW ist eine Gesellscha­ft des Landes, die den Staatswald bewirtscha­ftet. Das allerdings stimmt so nicht. ForstBW liefert einen Teil der Schindeln, mit denen das Haus verkleidet wird. Das macht aber weniger als ein Prozent aus.

„In der Tat ist die Aussage des Ministers in der Debatte nicht präzise gewesen“, sagt Ralf Heineken, Sprecher des Umweltmini­steriums. Da sei bei der Vorbereitu­ng etwas durcheinan­der geraten angesichts der komplexen Zahlen und Bezüge. Im Übrigen sei der Minister nun durchaus zufrieden mit der gefundenen Lösung. „Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir das Besucher- und Informatio­nszentrum komplett mit Holz aus dem Schwarzwal­d hätten bauen können“, so Heineken. Aber das habe das europäisch­e Vergaberec­ht verhindert.

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FOTO: DPA Das geplante Besucherze­ntrum des Nationalpa­rks.

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