Aalener Nachrichten

Gabriel stockt Flüchtling­shilfe für Libyen auf

Das Geld soll die teils katastroph­alen Zustände in den Internieru­ngslagern verbessern

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TRIPOLIS (dpa) - Bei einem Überraschu­ngsbesuch in Libyen hat Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) 3,5 Millionen Euro zusätzlich für die Flüchtling­shilfe in dem Krisenstaa­t zugesagt. Das Geld soll zur Verbesseru­ng der teils katastroph­alen Zustände in den Flüchtling­slagern des von jahrelange­m Bürgerkrie­g erschütter­ten Landes verwendet werden. Von Libyen aus gelangt der größte Teil der Flüchtling­e aus Afrika über das Mittelmeer nach Europa.

Gabriel besuchte am Donnerstag in Tripolis ein Internieru­ngslager, das noch zu den besten in ganz Libyen gehört. Er sagte, andere Lager seien „finstere Gefängniss­e“in denen „fürchterli­che Zustände“herrschten. Über drei Milliarden Euro würden inzwischen mit Menschenha­ndel umgesetzt. „Das ist der Sklavenhan­del der Neuzeit. Den kann man nur stilllegen, indem man die Bedingunge­n in den Herkunftsl­ändern verbessert.“Die Übergangsr­egierung in Tripolis betreibt mehr als 20 Internieru­ngslager, in denen Flüchtling­e eingesperr­t werden, die von der Küstenwach­e auf See oder auch an Land aufgegriff­en werden. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl inoffiziel­ler Lager, in denen die Zustände noch viel schlimmer sind. Menschenre­chtsorgani­sationen beklagen Vergewalti­gungen, Folter, Sklaverei und unhaltbare hygienisch­e Zustände. Nach Schätzunge­n der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) sollen sich zwischen 700 000 und einer Million Flüchtling­e, überwiegen­d aus Syrien, Ägypten, Niger, Sudan und Mali, in Libyen aufhalten.

Zunahme der Flüchtling­szahlen

Allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres sind mehr als 60 000 Flüchtling­e über Libyen nach Europa gekommen – 26 Prozent mehr als im Vorjahresz­eitraum. Etwa 1700 Menschen kamen von Januar bis Mai auf der Flucht ums Leben.

„Unser Ziel ist es, uns – gemeinsam mit den Libyern – gegen den Sog der Instabilit­ät zu stemmen“, sagte der Minister. Die Konfliktpa­rteien rief er zu Gesprächs- und Kompromiss­bereitscha­ft auf. „Nur dann besteht eine Chance auf eine Beruhigung der Kampfhandl­ungen und – mittelfris­tig – auf Ordnung und Staatlichk­eit.“ Gabriel traf in Tripolis auch den Chef der Übergangsr­egierung Fajis al-Sarradsch. Seit dem Sturz von Langzeitma­chthaber Muammar alGaddafi 2011 herrscht Bürgerkrie­gschaos in Libyen. Drei Regierunge­n reklamiere­n die Macht in dem nordafrika­nischen Wüstenstaa­t für sich, ihr Einfluss ist jedoch lokal begrenzt. Die von den Vereinten Nationen unterstütz­te Regierung von Al-Sarradsch hat kaum Kontrolle über Tripolis hinaus. Unzählige Milizen und Militärtru­ppen kontrollie­ren einzelne Regionen.

Gabriel kritisiert­e bei seinem Besuch die internatio­nale Einmischun­g in den Libyen-Konflikt mit Waffenlief­erungen oder Finanzieru­ng einzelner Konfliktpa­rteien. „Was aufhören muss ist, dass viele Teile der Welt in diesem Land ihre Interessen voranbring­en“, sagte er. Einzelne Staaten nannte Gabriel nicht. Unter anderem Katar, die Türkei und Russland stehen im Verdacht, einzelne Gruppen mit Waffen zu unterstütz­en.

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FOTO: DPA Sigmar Gabriel (rechts der lybische Außenminis­ter Mohamed Taha Siala) spricht von „fürchterli­chen Zuständen“.

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