„Trumps Wähler glauben an eine Hexenjagd auf ihn“
RAVENSBURG - Erstmals öffentlich stand der von Donald Trump gefeuerte frühere FBI-Chef James Comey dem Geheimdienstausschuss des Senats Rede und Antwort in der Russland-Affäre. Birgit Letsche befragte die Amerikanerin Lora Anne Viola (Foto: FU), Professorin für US-Außenund Sicherheitspolitik an der Freien Universität Berlin, ob Comeys Aussage Trump zu Fall bringen könnte.
Ist nach der Aussage Comeys ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump zu erwarten?
Zuerst: Als Grund für ein Impeachment-Verfahren muss ein Verbrechen oder Fehlverhalten stattgefunden haben. „Behinderung von Ermittlungen“könnte ein solcher Grund sein. Aber das ist eine Interpretationsfrage. Gesetzlich geregelt ist das nicht. Bestätigt Comey, dass Trump nicht Gegenstand von Ermittlungen in der Russland-Affäre ist, dann hätte Trump ja nicht von einer Entlassung Comeys profitiert. Anders sieht es aus, wenn der Präsident die Beendigung der Russland-Ermittlungen als Bedingung für die Weiterbeschäftigung Comeys gestellt hätte.
Hätte ein ImpeachmentVerfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg?
Meiner Meinung nach will das Repräsentantenhaus eher den Druck rausnehmen und sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Nötig wäre eine Abstimmung im Repräsentantenhaus mit einer einfachen Mehrheit über eine Anklage. Überhaupt ist das erst zwei Mal in der US-Geschichte passiert. Bei Bill Clinton und Andrew Jackson ist das im Senat gestorben, wo eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Und Nixon war zurückgetreten vor einer Abstimmung im Repräsentantenhaus. Ich nehme an, es müsste noch weit mehr rauskommen, bis dass Trump entlassen werden würde.
Steht Trumps Wählerschaft nach all den Pleiten und Skandalen überhaupt noch hinter ihm?
Das tut sie – immer noch. Alles, was Trump bislang durchgemacht hat, wird eher als Hexenjagd auf ihn interpretiert. Die Basis sieht den Comey-Bericht als Beweis dafür, dass gegen Trump selbst nicht ermittelt worden ist. Sie meinen, dass die Russland-Sache nur seine Arbeit als Präsident behindert und hält weiter zu ihm. „Fox News“berichte, dass Trump Comey die Loyalitätsfrage nur wegen Amerika und nicht aus persönlichen Gründen gestellt hat.
Eine ganz andere Frage zum Schluss: Wie wirkt sich so ein unberechenbarer Präsident wie Trump auf Ihre Arbeit aus?
Wir Politikwissenschaftler versuchen, langfristige Trends auszumachen. Aber Analysearbeit ist sehr schwer, wenn es ständig neue Entwicklungen gibt. Wir dachten: Der US-Wahlkampf ist zwar sehr anstrengend, aber nach der Wahl beruhigt sich die Lage wieder langsam. Doch davon sind wir weit entfernt.