Aalener Nachrichten

Expo 2017: Kasachstan will auf sich aufmerksam machen

- Von Klaus-Helge Donath, Moskau

Die 50 Meter hohe Glaskugel ist schon aus der Ferne gut zu erkennen. Sie ist das Symbol der Weltausste­llung Expo 2017 in Astana, der Hauptstadt des zentralasi­atischen Staates Kasachstan. Die gläserne Kugel steht für ein engagierte­s Ziel: Sie verkörpert den „letzten Tropfen Öl“, den der kasachisch­e Boden noch hergeben wird. Bis 2050 will der Steppensta­at die Hälfte seines Bedarfs aus erneuerbar­en Energien decken. „Energie der Zukunft: Maßnahmen für weltweite Nachhaltig­keit“lautet das Motto der Ausstellun­g, die am Samstag beginnen wird.

Kasachstan ist mit Öl und Gas gesegnet. Jede vierte Tonne Rohöl in Deutschlan­d stammt aus dem neuntgrößt­en Flächensta­at der Welt. Daher überrascht das Sparziel der Ex-Sowjetrepu­blik, zumal der Staat von Präsident Nursultan Nasarbajew auf Lebenszeit autoritär geführt wird. Schon das macht das Land unter autoritäre­n Staatswese­n zu einem Unikum.

Kasachstan möchte auf sich aufmerksam machen. Präsident Nursultan Nasarbajew muss den jungen Staat durch die Klippen der großen Mächte, China und Russland, navigieren. Pekings wirtschaft­liche Dominanz führte in der Bevölkerun­g schon zu Unruhen. Astana sah sich gar gezwungen, den Verkauf von Grund und Boden an chinesisch­e Firmen einzustell­en.

Russland folgt dem Nachbarn mit Argusaugen. Seit Moskaus Annexion der Krim 2014 und Krieg in der OstUkraine wuchs das Misstrauen auf beiden Seiten. Nasarbajew fürchtet, der Kreml könnte wie in der Ostukraine die russische Minderheit in der Grenzregio­n im Norden instrument­alisieren. Etwas mehr als ein Viertel der Bevölkerun­g sind ethnische Russen. Zwar gehört Kasachstan der Eurasische­n Wirtschaft­sunion (EAWU) an, die ein Gegenmodel­l zur EU darstellen sollte. Außerdem ist es Mitglied der Organisati­on des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS). Doch sieht Kasachstan darin keine ausreichen­den Garantien für die Unverletzb­arkeit der Landesgren­zen.

Putin hat Verunsiche­rung ausgelöst

In der heißen Phase des Ukrainekon­flikts im August 2014 verwirrte Kremlchef Putin den Nachbarn – mit einem Lob für Nasarbajew, verpackt in eine schillernd­e Doppeldeut­igkeit: „Nasarbajew schuf einen Staat auf einem Territoriu­m, wo es vorher keinen gab“, meinte Putin. Ein Wink mit dem Zaunpfahl, der die staatliche Souveränit­ät infrage stellte? Verunsiche­rung löste Putin auf jeden Fall aus. Kasachstan hatte zwar die Revolution auf dem Kiewer Maidan verurteilt, Russlands Landnahmen jedoch nicht gutgeheiße­n. Den Sanktionen des Kreml gegen den Westen schloss sich der Steppensta­at nicht an. Auch die anderen Mitglieder der EAWU lehnten die Einführung überstaatl­icher Strukturen ab. Moskaus Ziel war durchsicht­ig: Sollte Souveränit­ät delegiert werden, könnte der Kreml über die Hintertür hegemonial­e Ansprüche durchsetze­n.

Dennoch bleibt Kasachstan im russischen Fahrwasser. Auch wenn die Umstellung vom kyrillisch­en aufs lateinisch­e Alphabet ab 2025 soeben beschlosse­n wurde. Eine eigene Sicht hat das einstige Nomadenvol­k auch zum militärisc­h sowjetisch­en Erbe. Am Siegerdenk­mal in Schymkent wurde das russische St. Georgsband ausgewechs­elt. Es war im Zuge des Ukrainekri­eges zu einem Symbol russischer Separatist­en geworden. Nasarbajew wird Moskau dies mit dem Unruhepote­nzial im Land erklären.

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