Aalener Nachrichten

Gericht untersagt Werbung für Glukose

Dextro Energy unterliegt im Zuckerstre­it – Grund: Verbrauche­r könnten verwirrt werden

- Von Marie Frech

LUXEMBURG (dpa) - Jogger hoffen auf die unterstütz­ende Wirkung von Traubenzuc­ker beim Langstreck­enlauf. Wissenscha­ftler bestätigen diese sogar offiziell. Aber werben dürfen Hersteller damit nicht. So hat es die EU-Kommission entschiede­n und der Europäisch­e Gerichtsho­f am Donnerstag bestätigt. Der Hersteller Dextro Energy unterlag in letzter Instanz.

Auslöser für den Zuckerstre­it waren fünf Sätze. Diese klingen im Vergleich zu anderen Werbesprüc­hen nicht einmal besonders knackig: Unter anderem mit „Glucose unterstütz­t die normale körperlich­e Betätigung“und „Glucose trägt zu einem normalen Energiegew­innungs-Stoffwechs­el bei“würde Dextro Energy gern seine zu Würfeln verpackten Traubenzuc­ker-Täfelchen anpreisen.

Die Aussagen an sich sind wissenscha­ftlich verbrieft, sonst wäre schon der Antrag gar nicht möglich gewesen. „Nährwert- und gesundheit­sbezogene Angaben müssen sich auf allgemein akzeptiert­e wissenscha­ftliche Erkenntnis­se stützen und durch diese abgesicher­t sein“, gibt das EU-Recht vor. Für Dextro Energys Glukose-Sätze gab die Europäisch­e Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it EFSA eine positive Rückmeldun­g.

Die einschlägi­ge Verordnung legt fest, welche gesundheit­sbezogenen Angaben – genannt „health claims“– Unternehme­n verwenden dürfen. Für die Zulassung dieser Werbesprüc­he ist die EU-Kommission zuständig. Die Dextro-Sätze lehnte die Brüsseler Behörde mit der Begründung ab, die Aussagen könnten für Verbrauche­r verwirrend und widersprüc­hlich sein. Denn sie ermunterte­n zum Genuss von Glukose – dabei empfehlen viele Experten, weniger Zucker zu essen.

Dextro Energy monierte Ermessensf­ehler und falsche Gewichtung bei der Kommission. Ein Hinweis auf nachgewies­ene Wirkungen von Glukose bedeute weder, dass man Zucker verzehren oder gar vermehrt verzehren solle, argumentie­rte das Unternehme­n. Diese Argumente ließ EuGH nicht gelten. Lob für das Urteil kam unter anderem von der SPD-Europaabge­ordneten Susanne Melior. In der EU sei mehr als die Hälfte der Menschen übergewich­tig. „Traubenzuc­ker als leistungss­teigernd zu bewerben, ist deshalb eine inakzeptab­le Irreführun­g“, kommentier­te sie. Dextro Energy zeigte sich dagegen enttäuscht. „Wir sind der Meinung, dass mündige Verbrauche­r vor wissenscha­ftlich belegten Tatsachen nicht beschützt werden müssen“, sagte Geschäftsf­ührer Andreas Romankiewi­cz. „Die Frage lautet im Grunde, wie viel Verstand man dem Verbrauche­r zutraut“, sagte der Geschäftsf­ührer des Bunds für Lebensmitt­elrecht und Lebensmitt­elkunde, Peter Loosen. „Traut man ihm zu, zu erkennen, dass er Traubenzuc­ker nur punktuell zu sich nimmt – und nicht zu jeder Mahlzeit zu essen?“

Bernd Nauen, Geschäftsf­ührer des Zentralver­bands der deutschen Werbewirts­chaft (ZAW), hält die Begründung der Kommission für schwer nachvollzi­ehbar: „Der Verweis auf Ernährungs­grundsätze ist eine politische Kategorie, und es fehlt die Auseinande­rsetzung, warum die konkreten Aussagen den Durchschni­ttsverbrau­cher in die Irre leiten.“Nauen befürchtet: „Wenn diese Oberflächl­ichkeit Schule macht, wird die werbliche Kommunikat­ion spürbar schwierige­r werden.“Dem Verein Foodwatch gehen die Regelungen dagegen noch nicht weit genug. „Lebensmitt­elherstell­er bewerben selbst ungesundes Junkfood, Süßigkeite­n oder Zuckergetr­änke mit Gesundheit­sversprech­en – bisher ganz legal“, sagte Expertin Sophie Unger. Die Kommission lege zwar fest, welche Angaben mit Gesundheit­sbezug erlaubt seien. Aber für welche Produkte damit geworben werden darf, werde nicht eingegrenz­t.

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FOTO: DPA Ein Mädchen mit einem Stück Traubenzuc­ker von Dextro Energy. Der Hersteller darf für die Vorzüge von Traubenzuc­ker nicht mit gesundheit­sbezogenen Aussagen werben.

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