Zweikampf mit Vorteil Vettel
Lewis Hamilton weiß, dass er auf seinem Lieblingskurs in Kanada punkten muss
MONTRÉAL (SID/dpa/sz) - Am Ort seines ersten Formel-1-Sieges vor 10 Jahren will Lewis Hamilton im WM-Duell mit Sebastian Vettel und dem Ferrari-Team zurückschlagen. „Wir haben hart gearbeitet und hoffen, dass wir sie dieses Wochenende angreifen können“, sagte der Mercedes-Pilot vor dem Großen Preis von Kanada. Der 32-jährige Brite betonte in Montréal aber: „Wir haben gesehen, dass die Ferraris die Schnellsten sind. Sie sind die Favoriten.“
Vor dem siebten WM-Lauf hat der dreimalige Weltmeister 25 Punkte Rückstand auf den viermaligen Weltmeister Vettel. Der gewann drei von sechs Rennen, dreimal kam Vettel auf Platz zwei. Auf dem Circuit Gilles Villeneuve hat Vettel jedoch erst einmal gewonnen. Insgesamt kommt der 29Jährige auf 45 Grand-Prix-Siege. Hamilton gewann fünfmal in Kanada und insgesamt 55 Rennen. Seinen ersten Sieg hatte er 2007 in Montréal gefeiert.
Surer kritisiert Hamilton
„Sky“-Experte Marc Surer sieht den Engländer auch dieses Mal ganz vorn: „Die Strecke von Montréal kommt Lewis sehr entgegen, weil es eine Spätbremser-Strecke ist. Da ist er Spezialist. Hier kann er das gleich mehrfach pro Runde ausnutzen. Ich glaube, dass Hamilton trotz der Reifen sehr gute Karten hat und gehe davon aus, dass er sich in Montréal revanchiert und ganz vorne landet.”
Angesichts der jüngsten FerrariErfolge sieht er Hamilton aber auch unter Druck: „Wenn Lewis noch Weltmeister werden will, muss er sich jetzt zusammenreißen. Einfach mal weniger durch die Welt fliegen und sich mehr auf das Rennfahren konzentrieren. Sonst ist plötzlich auch noch Teamkollege Bottas vor ihm. Mit dem hat er überhaupt nicht gerechnet. Bottas ist ein seriöser Arbeiter, der das Beste aus dem Auto rausholt, ähnlich wie Rosberg.”
Für Vettel scheint dagegen alles perfekt zu laufen. Sein Wagen funktioniert zuverlässig wie nie, dennoch gibt es Konfliktpotenzial. Vettel soll nach Wunsch von Ferrari seinen auslaufenden Vertrag so schnell wie möglich verlängern, aber in der PS-Szene wird schon über einen Wechsel zu Mercedes spekuliert. „Sebastian sitzt im derzeit besten Auto und hat beste WMChancen. Warum sollte er sich so etwas überlegen?“, fragte MercedesMotorsportchef Toto Wolff allerdings. Es ist nicht der einzige Nebenkriegsschauplatz, mit dem sich der Österreicher beschäftigen muss. Wolff widersprach auch Aussagen des früheren Rennstallbesitzers Eddie Jordan (69), wonach sich das Werksteam Ende 2018 aus der Königsklasse zurückziehen könnte. „Diese Berichte entbehren jeglicher Grundlage.“
Nach der Schlappe von Monaco, als Hamilton beim Ferrari-Doppelsieg nur Siebter wurde, wollte Mercedes die gesamte Energie eigentlich in die Ursachenforschung stecken. Im Fürstentum gelang es nicht, die Reifen richtig einzusetzen. „Es schmerzt, aber wir sind in diesem Jahr nicht die Favoriten in der WM. Im Moment ist das Ferrari“, sagte Wolff.
Nun muss sich das Weltmeisterteam nach drei Jahren Dominanz einer schon fast vergessenen Herausforderung stellen. „Wir müssen für jeden Sieg, jede Pole-Position, jeden Podestplatz und jeden Punkt mit allem, was wir haben, kämpfen“, sagte Wolff.
Mercedes tritt offenbar mit einigen Zweifeln an. Vor allem Heißsporn Hamilton dürfte das nicht gefallen, denn für den 32-Jährigen ist der Circuit Gilles Villeneuve eine Art Lieblingsstrecke. Einzig Rekordweltmeister Michael Schumacher (7) triumphierte zwei mal öfter als er.
„Montréal war immer ganz großartig für mich. Ich erinnere mich noch daran, als ich 2007 auf dem Podium stand und auf meinen Vater geschaut habe“, sagte Hamilton, der die technischen Schwierigkeiten aus Monaco noch nicht vergessen hat: „So ungewöhnlich hat sich das Auto noch nie angefühlt, seit ich beim Team bin. Noch so ein Wochenende kann ich mir nicht leisten.“