Confed-Ärger und Zuschauer-Frust
Führung erkennt Besucherschwund als Problem – Grindel stellt Mini-WM infrage
NÜRNBERG (SID/dpa/sz) - Russland murrt schon, die deutschen Fans rennen ihrer Nationalmannschaft nicht gerade die Türen ein und nun packt auch noch DFB-Präsident Reinhard Grindel die Kritik-Keule aus. Rund um die deutsche Nationalmannschaft lodern derzeit die Störfeuer. Am Donnerstag flogen Bundestrainer Joachim Löw und sein Team der vielen Unbekannten dann auch noch einem tristen Rahmen für das WMQualifikationsspiel gegen San Marino am Samstag (20.45 Uhr/RTL) in Nürnberg entgegen. Nur 27 000 Karten sind verkauft.
„Die wichtigen und besonderen Spiele sind immer noch bestens besucht, aber der Hype, der durch die Heim-WM zwischen 2005 und 2014 entstand, hat ein wenig abgenommen“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff. „Man darf Länderspiele nicht als Selbstläufer sehen. Wir müssen uns die Gunst der Fans erspielen und erarbeiten.“Doch ob das mit dem Perspektivkader gelingt?
„Wir hatten noch nie ein Länderspiel mit weniger als 30 000 Zuschauern“, klagte Nürnbergs Stadionchef und Bürgermeister Christian Vogel (SPD) in der „Nürnberger Zeitung“. Laut „Kicker“-Analyse droht sogar der schwächste Besuch eines Pflichtheimspiels seit über 16 Jahren.
„Dem Fan blutet das Herz“
Ein Abwärtstrend? „Gegenargument: Die Einschaltquoten sind sehr stabil“, sagte Grindel der „FAZ“: „Das Grundproblem ist keineswegs eine abnehmende Akzeptanz der Nationalmannschaft oder eine überzogene Kommerzialisierung.“Die Zuschauer hätten eben „ein feines Gespür, ob es um etwas geht oder eben nicht“. Nationalspieler Jonas Hector meinte: „Es ist ein Spiel, das nicht so reizvoll ist wie die Spiele gegen die großen Nationen.“Er hoffe dennoch auf ein volles Haus. Grindel dagegen scheint ein Jahr nach seiner Wahl klar Partei beziehen zu wollen und schreckt auch nicht vor Kritik zurück: „Ich bin dafür, den Confed Cup abzuschaffen. Und auch die KlubWM zu hinterfragen oder sie nur in einem sehr schmalen Format zu spielen, sie auf keinen Fall auch noch auf eine Vielzahl von Mannschaften auszudehnen.“Ohnehin rät der 55-Jährige, der in den höchsten Gremien der FIFA und der Europäischen FußballUnion (UEFA) sitzt, zur Verschlankung des Terminkalenders. „Ich glaube, der Weltverband FIFA ist gut beraten, sich auf ihr Premiumprodukt zu konzentrieren: Und das sind die Weltmeisterschaften für Männer und Frauen“, sagte Grindel. Eine Lösung könne die angedachte Umgestaltung des Confed Cup ab 2025 sein. „Mit der Erweiterung der WM auf 48 Mannschaften ab der Endrunde 2026 soll es eine Vorqualifikation auf die WM geben“, sagte Grindel: „Das ist eine ideale Vorbereitung für das WMGastgeberland, was die Stadien und Abläufe betrifft. Der Confed Cup wäre dann hinfällig.“Entschieden werden müsste eine Reform vom FIFACouncil. Der DFB-Boss erwartet zudem von FIFA-Präsident Gianni Infantino ein deutliches Zeichen, „dass er vom Reformprozess nicht nur spricht, sondern ihn auch tatsächlich mit Inhalten und Leben füllt“.
Den leeren Rängen bei Deutschland-Spielen – auch beim Confed Cup (17. Juni bis 2. Juli) –, dürfte das hingegen nicht entgegenwirken. WM-Cheforganisator Alexej Sorokin hatte in der „Sport Bild“jedoch einen ganz anderen Grund für die unbesetzten Plätze vor der Mini-WM parat. „Natürlich blutet dem FußballFan das Herz, wenn der amtierende Weltmeister ohne seine Stars antritt“, so der 45-Jährige: „Denn für die kommen die Zuschauer ins Stadion.“