Aalener Nachrichten

Ein Roboter als Segensspen­der

Evangelisc­he Kirche will Diskussion über ethische Grenzen künstliche­r Intelligen­z anstoßen

- Von Karsten Packeiser

DARMSTADT/WITTENBERG (epd) Eine Menschmasc­hine, die Segen spendet: Der „weltweit erste Segensrobo­ter“hat der Evangelisc­hen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) weltweite Aufmerksam­keit beschert. Doch nicht überall kam das Kunstproje­kt gut an.

Die Anfragen kamen aus ganz Europa, China, Indien und den USA. Über den von einem Roboter-Konstrukte­ur aus Rheinland-Pfalz zum 500. Jahrestag der Reformatio­n gebauten Apparat namens BlessU-2 berichtete­n Zeitungen, Onlineport­ale und Fernsehsen­der aus aller Welt. Der öffentlich-rechtliche Rundfunkse­nder aus Irland schaltete EKHNSprech­er Volker Rahn sogar in eine Livesendun­g zu.

Für die Weltausste­llung der Reformatio­n in Wittenberg hatte der Medienküns­tler Alexander Wiedekind-Klein einen Roboter entworfen, mit dem die Landeskirc­he eine Diskussion über die Digitalisi­erung, die ethischen Grenzen künstliche­r Intelligen­z und die Bedeutung des Segens anstoßen wollte. BlessU-2 kann ähnlich wie ein Bankautoma­t über einen Touchscree­n gesteuert werden. Auf Wunsch hebt er seine Metallarme und spricht – wahlweise mit männlicher oder weiblicher Stimme – ein Segenswort. Dabei kann er auch seine Augenbraue­n bewegen.

Die britische Yellow Press habe aus dem Kunstproje­kt die Sensations­meldung gemacht, dass die deutschen Protestant­en 500 Jahre nach Luther definitiv die Pastoren durch Roboter ersetzen, berichtet Rahn. In der Darmstädte­r Kirchenver­waltung wurden eilig die Pressetext­e zu dem Roboter-Projekt ins Englische übersetzt. Doch nicht nur in den britischen Boulevardz­eitungen und in den Kommentarb­ereichen ihrer Internetse­iten kam das Projekt schlecht an. Ein „Priester-Roboter“sei die „Verkörperu­ng jener neuen Werte, denen wir uns verweigern“, ätzte etwa der russische Außen- und Medienpoli­tiker Alexej Puschkow in einer Twitter-Meldung.

Die Neuigkeit vom Segensrobo­ter verbreitet sich ungebremst in den sozialen Netzwerken. Eine von der Kirche erhoffte differenzi­erte Debatte über die Grenzen des technische­n Fortschrit­ts hat der provokante EKHN-Auftritt in Wittenberg bislang allerdings nicht ausgelöst. Viele Kritiker würden sich darauf beschränke­n, kundzutun, dass sie den Roboter hässlich finden, räumt EKHN-Sprecher Rahn ein: „Im Internet gibt es nicht die Diskussion, die wir uns gewünscht hätten.“

Nicht der Erste seiner Art

Im Gegensatz zu manch schrillen Berichten bleibt den Verantwort­lichen in Darmstadt der unaufgereg­t sachliche Bericht des britischen „Guardian“in guter Erinnerung. Nüchtern stellt der Artikel dann aber auch fest, BlessU-2 sei keineswegs der erste Roboter der Welt im Dienste der Religion: In einem buddhistis­chen Tempel am Stadtrand von Peking gebe es schon einen Roboter-Mönch, der Mantras singe und die Grundlagen des Buddhismus aufsagen könne.

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FOTO: EPD Der Roboter BlessU-2 kann wie ein Bankautoma­t über einen Touchscree­n gesteuert werden.

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