Eine Reise ins Land ohne Glauben
ARD-Themenwoche wirft einen Blick auf Kirche und Konfessionslose im Osten
BONN (KNA) - Eine Woche lang drehen sich die Fernseh-, Hörfunk- und Online-Angebote der ARD um die Themen Religion und Glaube. In der Reihe „Woran glaubst Du?“sticht eine Reportage am Montagabend besonders heraus.
Du sollst alle Menschen gleich behandeln. Du sollst die Umwelt nicht verschmutzen. Du sollst keine Gewalt anwenden. So könnten drei der Zehn Gebote aussehen, wenn die Schüler des Magdeburger Norbertus-Gymnasiums sie verfassen würden. Für ihre „Lebenswendefeier“haben sie überlegt, welche Werte ihnen wichtig sind. Das kirchliche Angebot für nichtchristliche Jugendliche ist eine von vielen Blüten, die in Ostdeutschland, dem „Land ohne Glauben“sprießen. Filmemacher Kai Voigtländer hat sich dort für seine gleichnamige Reportage umgesehen, die am Montag ab 22.45 Uhr in der ARD läuft.
Die Unvoreingenommenheit macht diesen Film, der im Rahmen der ARD-Themenwoche „Woran glaubst du?“ausgestrahlt wird, unbedingt sehenswert. Er macht anschaulich, was Soziologen mit „Traditionsabbruch“beschreiben: was geschieht, wenn Religion für einen Großteil der Bevölkerung keine Rolle mehr spielt, Kinder nicht mehr mit ihr aufwachsen und augenscheinlich nichts vermissen.
Auf den ersten Blick, heißt es in der Reportage, scheint die DDR ganze Arbeit geleistet und die Kirchen aus der Öffentlichkeit verdrängt zu haben. Das Jahr 1949 markierte auch in dieser Hinsicht eine Zäsur: Damals gehörten 95 Prozent der Deutschen einer der beiden Kirchen an. Bis 1961 verzehnfachte sich in der DDR die Zahl der Konfessionslosen. 1989 lag sie bei 70 Prozent, 2011 bei 80 Prozent. Im Westen gehörten 2011 nur 25 Prozent der Bevölkerung keiner Kirche an.
Bei der Lebenswendefeier gehe es daher auch darum, „Kulturwerte“zu vermitteln, erklärt Lehrer Winfried Ernst: Dass Menschen überhaupt einmal in eine Kirche gehen, im Kirchenraum eine festliche Feier erleben oder sogar mitgestalten, ist in Magdeburg alles andere als selbstverständlich. Es könne aber zu einer positiven Haltung gegenüber der Kirche führen, formuliert Ernst eine vorsichtige Hoffnung.
Optimismus ist gefragt
Auch Esther Fauß wirbt für Optimismus. Als evangelische Pfarrerin im thüringischen Greußen betreut sie 19 Gemeinden. Zu ihren Gottesdiensten kommen manchmal eine Handvoll Besucher, manchmal um die 20. Dabei könnte die Kirche das Leben auf den Dörfern bereichern, betont Fauß. Oft fahren dort kaum noch Busse; Supermärkte, Arztpraxen und Gasthöfe haben geschlossen. „Das kann Kirche kitten“, ist die Theologin überzeugt: Kirche könnte Türen öffnen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne – und Menschen verbinden, die sonst kaum noch miteinander in Kontakt kommen.
Eher skurril mutet ein Projekt in Callenberg bei Chemnitz an. Unterhaltungskünstler bauen dort eine „Kapelle“für Trauungen – unterkellert mit einem Festsaal, aus der Bausubstanz abgerissener Kirchen, aber ohne christliche Symbole. Das Gebäude, das Brautpaaren jeglicher Orientierung offenstehen soll, wird aussehen wie eine alte Kirche, mit Religion aber nichts zu tun haben. „Vielleicht der konsequenteste Ausdruck für den Traditionsabbruch“, kommentiert Reporter Voigtländer: „Man bedient sich aus den Bruchstücken der alten Tradition und setzt sie nach eigenen Bedürfnissen wieder neu zusammen.“
Dass Kirche aber auch im Osten kein reines „Deko-Element“ist, zeigt ein Beispiel aus Horburg in Sachsen-Anhalt. Ein Kirchbauverein, in dem sowohl Gläubige als auch Konfessionslose mitmachen, möchte die örtliche Kirche wieder zum Lebensmittelpunkt machen. Der Fund einer Marienstatue gab den Anstoß zur Gründung. Pfarrerin Antje Böhme spricht von einer Art „Begegnungszentrum“, in dem Gottesdienste stattfinden, aber auch Konzerte, Führungen, Lesenächte für Kinder. Auch Menschen, die nicht gläubig seien, wollten ihrem Nächsten schließlich etwas Gutes tun, meint Michael Seifert vom „Freundeskreis Horburger Madonna“.
Immer mehr Menschen wünschen sich offenbar, dass ihr Heimatort sein Zentrum nicht verliert – und sind bereit, sich dafür zu engagieren. Die Motive seien eher sozialer als religiöser Natur, erklärt der Leipziger Religionssoziologe Gert Pickel. In Horburg brachte die Madonna etwas in Bewegung. Womöglich ein kleines Wunder in einer Region im Wandel, die in diesem Film niemals abgestempelt, sondern wohltuend offen porträtiert wird.
Matrix
Was passiert mit der Menschheit, wenn sich künstliche Intelligenz gegen ihre Erschaffer wendet? Das Thema beschäftigt Filmemacher, Zukunftsforscher und Romanautoren heute nach wie vor, doch bereits 1999 verhandelte ein Film diese Frage überaus visionär. Mit „Matrix“zeigten Lana und Lilly Wachowski (damals noch Larry und Andy Wachowski), dass sich stylish choreografierte Action und eine philosophische Prämisse nicht ausschließen müssen. Denn wenn Neo (Keanu Reeves), Morpheus (Lawrence Fishburne) und Trinity (Carrie-Anne Moss) gegen das uniforme Böse in Gestalt von Agent Smith (Hugo Weaving) antreten, kann man das auch fast 20 Jahre später noch anschauen, ohne dass es peinlich wirkt. Unzählige Filme ahmten den „Bullet Time“-Effekt nach, bei dem Zeitlupe mit Kamerafahrt kombiniert wird. Montag, Kabel Eins, 20.15 Uhr
Falling Down
Er ist geschieden, hat seinen Job verloren – da rastet William Foster aus, als er im Stau steht. Michael Douglas in seiner verstörendsten Rolle: als gedemütigter Familienvater, der einfach nur seiner kleinen Tochter zum Geburtstag gratulieren will, zu der er keinen Kontakt haben darf. Doch aus dem Abstecher zum Haus der Familie wird ein blutiger Feldzug durch die flirrende Sommerhitze von Los Angeles. Donnerstag, Kabel Eins, 22.05 Uhr