Schäfer aus Leidenschaft
Thomas Kitzinger und seine Familie sorgen für rund 1500 Schafe
BOPFINGEN (ij) - Sein Uropa war einer, sein Großvater und sein vor vier Jahren verstorbenen Vater ebenfalls – da war es nur logisch, dass auch Thomas Kitzinger (43) von Beruf Schäfer geworden ist. Einer von heute nur noch knapp 2000 in Deutschland. Genau genommen ist er Tierwirt. Ein anderer Beruf kam für ihn nie in Frage: „Ich hatte niemals Lust, irgendwelche Bewerbungen zu schreiben", sagt er. Sein Vater nahm den kleinen Tom schon früh mit in den Stall und auf die Weide. Wenn er einmal unter der Woche helfen musste, durfte er die Hauptschule in Bopfingen auch mal sausen lassen.
Kitzinger absolvierte die landwirtschaftliche Berufsschule in Hohenheim. Thomas Kitzinger schaut an diesem nebligen Herbsttag unter der weiten Krempe seines grünen Hutes auf einer Wiese bei Kerkingen hinüber zu seinen Schafen und Lämmern, raunzt seinen fünf Hütehunden kurz Befehle zu, und stützt sich auf seinen besonderen Schäferstab aus Schlehenholz. Am unteren Ende befindet sich die sogenannte Schäferschippe, die er für diesen Stock angefertigt hat. Mit der Schippe zieht er auch dann ein Tier aus der Herde, wenn er es untersuchen will. Der Schäfer erkennt sein Schaf am Gang. Erste Hilfe am Schaf beherrscht er perfekt. „Sobald der Tierarzt kommen muss, wird ein Schaf unwirtschaftlich", sagt er.
Kitzinger hat rund 1000 Mutterschafe und 500 Lämmer – und 16 Zuchtböcke. „Früher", erzählt er, „hätten für eine Herde in dieser Größe acht oder zehn Böcke gereicht, um den Bestand zu halten.“Doch die Züchter ziehen heute lieber „faule" Böcke nach – sie wollen ja an die Schäfer verkaufen. Vier bis neun Monate bleiben die Lämmer nach der Geburt in der Herde: „Wenn sie ein Gewicht von 40 Kilo haben, verkaufe ich an den Handel, an eine Erzeugergemeinschaft. Einzelverkäufe lohnen sich nicht.“Rund 15 Prozent der Mutterschafe behält Kitzinger für die Nachzucht.
Schärfste Konkurrenten sind in Neuseeland
Zwischen zwei und drei Euro je Kilo Lebendfleisch erzielt Kitzinger aktuell. Schärfste Konkurrenten sind die Berufskollegen auf den riesigen Flächen Neuseelands. Vom Fleisch oder der Wolle allein könnte ein Schäfer wie Kitzinger nicht überleben. Den Rest seines Einkommens machen staatliche Agrarhilfen aus.
Etwa für den 72 Meter langen und 35 Meter breiten modernen Schafstall, den die Stadt Bopfingen im Jahr 2015 auf dem Sandberg gebaut und an Thomas Kitzinger verpachtet hat. „Die Realisierung dieses Projekts war eine Herkulesaufgabe“, berichtet Andreas Rief. Der Erste Beigeordnete der Stadt Bopfingen spricht von einem „langen Prozess der Einigung über ein Geschäftsmodell zwischen Stadt und Schäfer und vor allem vom rasanten Tempo der Realisierung des Bauvorhabens.“Kitzinger baute sein privates Eigenheim samt einer Maschinenhalle am südlichen Rand von Unterriffingen, die Stadt baute den neuen Schafstall am Sandberg. Sie bekam dafür vom Land einen Zuschuss von rund 420 000 Euro, etwa die Hälfte der Gesamtkosten. Aufgabe der Stadt Bopfingen ist es, auf ihrer Gemarkung für die Heidepflege zu sorgen. Durch den „goldenen Tritt“oder „goldenen Huf“von Schafen und Ziegen und den Verbiss bis an die Bestockungsgrenze der Gräser entsteht eine Grasnarbe, von der Naturfreunde nur träumen können. Dichtes sattes Grün. Der Schäfer lobt die Unterstützung durch Ralf Worm, den Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbandes (LEV) Ostalb.
Ohne die Mithilfe der Kitzinger-Familie wäre die Schäferarbeit, die im Sommer schon mal vom frühen Morgen bis 22 Uhr dauert, nicht zu stemmen. Kitzingers Mutter bereitet täglich das Mittagessen zu, fährt es zum Schäfer auf die Weide und schaut stundenweise nach der Herde. Ehefrau Corinna hilft überall mit, muss aber auch noch die Kinder Helen (11), Wilhelm (10) und Ann-Kathrin (3) versorgen. Die beiden Älteren machen sich schon bei der Stallarbeit nützlich.