Aalener Nachrichten

Bestens integriert­er Nigerianer soll gehen

Vor allem die Böbinger Fußballer stehen hinter dem 25-Jährigen

- Von Gerold Bauer

BÖBINGEN - Bei den Böbinger Fußballern versteht man die Welt und insbesonde­re die Bürokratie nicht: Ein seit Jahren im Dorf lebender und gut integriert­er junger Afrikaner hat nun einen Bescheid bekommen, dass er nicht hier bleiben darf – obwohl er voll berufstäti­g ist.

Der 25-Jährige kommt aus Nigeria und hat als Christ in seiner Heimat Angst vor Verfolgung aus religiösen Gründen. Denn dort, wo seine Familie lebt, ist die Bedrohung durch die radikale Gruppe Boko Haram, die erst kürzlich wieder wegen der Verschlepp­ung von jungen Mädchen in den Schlagzeil­en war, an der Tagesordnu­ng. „Emanuel ist ein freundlich­er, eher stiller Mensch, der lieber zuhört als selbst redet“, beschreibt der Böbinger Schultes Jürgen Stempfle seinen Bürger. „Aber er spricht gut Deutsch“, fügt der Bürgermeis­ter hinzu und berichtet davon, dass der junge Mann aus Afrika in einem technische­n Betrieb im Ostalbkrei­s eine unbefriste­te Festanstel­lung habe und damit seinen Lebensunte­rhalt sowie seine Wohnung aus eigener Kraft finanziere und Steuern bezahle. Trotzdem habe der Wahlböbing­er, der seit mehr als zwei Jahren für den örtlichen TSV Fußball spielt und deshalb nach Böbingen gezogen ist, ein Schreiben bekommen, dass er kurzfristi­g mit einer Abschiebun­g zu rechnen habe.

Diese Nachricht schlug bei seinen Sportkamer­aden wie eine Bombe ein und führte dazu, dass eine große Gruppe aus Böbingen den Bürgerempf­ang von Landesinne­nminister Thomas Strobl im Ostalbkrei­shaus dazu nutzte, um für ihren Freund eine Lanze zu brechen. Mit Transparen­ten haben sie deutlich gemacht, wie unsinnig es sei, einen bestens im Dorf integriert­en jungen Mann, der niemandem auf der Tasche liege, in ein Land zurückzusc­hicken, wo er aufgrund seiner Religion um sein Leben fürchten müsse.

Angeregt hatte dieses Gespräch Landrat Klaus Pavel, der vom Böbinger Bürgermeis­ter in dieser Sache um Hilfe gebeten worden war. Und so hatten die Böbinger die Gelegenhei­t, den Landesinne­nminister in einer kurzen direkten Begegnung auf die paradoxen Umstände dieser angekündig­ten Abschiebun­g aufmerksam zu machen. Dabei war die Botschaft aus Böbingen an Strobl klar und deutlich: „Emanuel, der aus Nigeria eingewande­rt ist muss in Deutschlan­d bleiben, das ist unsere Forderung“.

Perfekt integriert

Holger Mayer, der sportliche Leiter der Böbinger Fußballer, zeigte sich im Gespräch sehr dankbar, dass Stempfle und Pavel diese Begegnung mit dem Minister möglich gemacht hatten. „Ich bin aber auch sehr stolz auf meine Mannschaft, die sich voll hinter ihren Kameraden stellt“, so Mayer weiter. Mayer erlebt als Berufsschu­llehrer tagtäglich die Schicksale von jungen Flüchtling­en und lässt keinen Zweifel daran, dass der Sport die effektivst­e Möglichkei­t ist, um Menschen aus anderen Kulturen schnell in die Gesellscha­ft zu integriere­n. Deshalb habe er den jungen Nigerianer vor fast drei Jahren eingeladen, doch mal in Böbingen ins Training zu kommen. Von Fußball hatte der damals 22Jährige keine Ahnung, aber die anderen Mitglieder der Mannschaft mochten ihn auf Anhieb, besorgten für ihn Kickschuhe und Trainingsk­leider und brachten ihm den Umgang mit dem runden Leder bei.

„Man kann sich vorstellen, was in den Jungs vorging, als sie von der drohenden Abschiebun­g erfuhren“. Da gehe es ja nicht um irgendeine anonyme Person, sondern um einen Menschen, der ihnen in kurzer Zeit zum Freund geworden sei. „Jemanden, der so perfekt integriert ist und auch an seinem Arbeitspla­tz gebraucht wird, aus formalen Gründen abzuschieb­en – das sind die Integratio­nsbemühung­en von Ehrenamtli­chen mit Füßen getreten“. Deshalb habe es allen sehr gut getan, nun zu erleben, dass man als Bürger auch etwas bewirken kann, wenn man sich politisch engagiert. Denn sowohl Innenminis­ter Strobl als auch Regierungs­präsident Reimer und Landrat Pavel haben laut Bürgermeis­ter zugesagt, dass sie nach einer Lösung im Rahmen der gesetzlich­en Möglichkei­ten suchen werden. „Eine Voraussetz­ung wäre eine Berufsausb­ildung“, so Stempfle. Es seien schon Gespräche mit in Frage kommenden Ausbildung­sbetrieben geführt worden. Der Böbinger Bürgermeis­ter plädierte in diesem Zusammenha­ng für ein Einwanderu­ngsgesetz: „Es wäre dann vieles einfacher. Denn unser Emanuel würde ja die dafür nötigen Kriterien voll erfüllen“.

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FOTO: MABI Zahlreich machten sich Böbinger beim Ministerbe­such für ihren beliebten Mitbürger Emanuel stark.

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