Aalener Nachrichten

Wegweiser zum nachhaltig­en Wohnen

Angesichts der Fülle an Umweltsieg­eln sollen von der Bundesregi­erung initiierte Webangebot­e die Orientieru­ng erleichter­n

- Von Melanie Öhlenbach

BERLIN (dpa) - Immer mehr Menschen interessie­ren sich für einen nachhaltig­en Lebensstil und wollen auch ihre vier Wände umwelt- und klimafreun­dlich gestalten. Siegel geben eine Orientieru­ng.

Handel und Industrie haben das erkannt und werben mit passenden Begriffen – etwa natürliche­n Einrichtun­gen, Biomöbeln und ökologisch­em Design. Das Problem: „Der Begriff Bio ist nur für den Lebensmitt­elbereich fest definiert“, sagt Barbara Stocker, Referentin für Nachhaltig­keit im Projekt label-online.de der Verbrauche­r Initiative.

Ähnliches gilt für Bezeichnun­gen wie nachhaltig, fair und ökologisch. Letztere ist auch nur bei Lebensmitt­eln gesetzlich geschützt, für nachhaltig und fair gibt es keine Vorgaben. „Verbrauche­r können daher nur schwer erkennen, was damit gemeint ist“, sagt Stocker.

Doch woran kann man sich orientiere­n, wenn man auf der Suche nach einer umweltvert­räglichen Wandfarbe oder einem Tisch aus nachhaltig­er Holzwirtsc­haft ist? Bei insgesamt mehr als 1000 Siegeln in Deutschlan­d verliert man den Überblick. Abhilfe wollen Webangebot­e wie Label-Online oder Siegelklar­heit.de schaffen, das von der Bundesregi­erung initiiert wurde.

„Für Label-Online wird bewertet, welchen Anspruch ein Label formuliert, wie unabhängig es kontrollie­rt und vergeben wird und wie transparen­t dieser Prozess für Verbrauche­r ist“, erklärt Stocker. Zeichen, die sich der Nachhaltig­keit verpflicht­en sowie ökologisch­e und soziale Aspekte einbeziehe­n, sind mit einem grünen „n“für Nachhaltig­keit gekennzeic­hnet. „Diese kleine Zusatzinfo­rmation fließt jedoch nicht in die Bewertung der Labels ein.“

Bei Siegelklar­heit.de stehen Glaubwürdi­gkeit, Umweltfreu­ndlichkeit und Sozialvert­räglichkei­t im Vordergrun­d. Erzielt das Siegel hier jeweils mehr als 70 Prozent der Punkte, erhält es die Bewertung „Sehr gute Wahl“. „Dadurch wissen die Konsumente­n, dass sie dem Siegel vertrauen können“, sagt Silke Peters von Siegelklar­heit.de. Einzelne Kategorien für den Bereich Bauen und Einrichten gibt es nur bei LabelOnlin­e. Auf Siegelklar­heit.de finden sich in der Produktgru­ppe Holz Beschreibu­ngen von vier Siegeln, die zum Teil auch bei Möbeln eingesetzt werden.

Zu den Klassikern der nachhaltig­en Labels gehört Der Blaue Engel. Er wird vergeben für emissionsa­rme Fußbodenbe­läge, Wandfarben, Tapeten und Lacke, auf Schadstoff­e geprüfte Matratzen, Polster- und Holzmöbel sowie umweltscho­nende Elektroger­äte. Produkte zertifizie­rt auch das europäisch­e Umweltzeic­hen EcoLabel der Europäisch­en Kommission mit der Euroblume. Die Initiative „Holz von hier“labelt Produkte und Holz aus regionalem Anbau und aus nachhaltig­er Waldwirtsc­haft.

Doch was ist mit Produkten, die kein Siegel tragen? Laut Peters von Siegelklar­heit.de müssen sie nicht per se weniger glaubwürdi­g sein. „Siegel unterstütz­en jedoch den bewussten Einkauf, und durch externe Kontrollen wird die Einhaltung der Standards sichergest­ellt.“Wer nachhaltig­e Möbel kaufen möchte, dem empfiehlt Fachbuchau­tor Marcus Franken auch den Gang zum Flohmarkt, Antiquität­enhändler oder Gebrauchtw­arenkaufha­us. Bei den Produkten dort sind Schadstoff­e in der Regel schon verdunstet. Bei Neuware empfiehlt Franken, der einen Ratgeber für einen nachhaltig­en Lebensstil geschriebe­n hat, möglichst massive Möbel aus FSC-zertifizie­rtem Holz zu kaufen. „Die halten länger als Sperrholzm­öbel und überstehen auch mehr als einen Umzug.“

Während Langlebigk­eit im Wohnbereic­h das Credo sein sollte, gilt bei Elektroger­äten oft das genaue Gegenteil: „Elektroger­äte sind heute um ein Vielfaches sparsamer als noch vor 20 bis 30 Jahren“, sagt Franken. Alte Waschmasch­inen, Kühlschrän­ke und Spülmaschi­nen sollten daher zugunsten neuerer Geräte mit niedrigen Verbrauchs­werten ausgemuste­rt werden. „Die Anschaffun­gskosten haben sich nach relativ kurzer Zeit wieder amortisier­t.“

Einen Anreiz für den Wechsel bietet etwa eine Initiative im Internet: Auf Stromspar-check.de gibt es einen Gutschein über 150 Euro für den Austausch eines Kühlschran­ks, der zehn Jahre oder älter ist. Getragen wird die Initiative von der Aktion des Deutschen Caritasver­bandes und des Bundesverb­andes der Energieund Klimaschut­zagenturen Deutschlan­ds.

Beim Kauf sollte man sich auch hier nicht von Labels aufs Glatteis führen lassen: Elektroger­äte mit dem Energielab­el A sind inzwischen Standard. Die Zahl der Pluszeiche­n dahinter ist entscheide­nd: „A+++ konsumiert ein Kühlschran­k nur die Hälfte an Strom von A+. Und das rechnet sich“, erläutert Franken.

Ein nachhaltig­er Lebensstil lohnt sich auch für diejenigen, die ansonsten nur wenig mit dem Bio- und Nachhaltig­keitstrend am Hut haben: „Wer seinen Energiever­brauch senkt und Sachen aus zweiter Hand kauft, spart vom ersten Tag an Geld ein“, betont Franken.

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FOTO: RAINER BERG/DPA Wissen, worauf man sitzt: Viele Menschen legen inzwischen nicht nur beim Essen auf nachhaltig­e und ökologisch­e Produkte wert, sondern auch bei der Einrichtun­g.
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FOTO: UMWELTBUND­ESAMT Der Blaue Engel wird zum Beispiel für emissionsa­rme Fußbodenbe­läge, Wandfarben, Tapeten und Lacke oder schadstoff­geprüfte Möbel vergeben.
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FOTO: EU/DPA Das EcoLabel der Europäisch­en Kommission zertifizie­rt Produkte aus umweltfreu­ndlicher Fertigung.
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FOTO: FSC DEUTSCHLAN­D Das FSC-Label zertifizie­rt HolzProduk­te aus nachhaltig­er Forstwirts­chaft.
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FOTO: HOLZ VON HIER GGMBH Die Initiative „Holz von hier“kennzeichn­et mit ihrem Label Produkte und Holz aus regionalem Anbau und aus nachhaltig­er Waldwirtsc­haft.

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