Dietfurts Mühlen mahlen meistens köstlich
An dieser Stelle ein bisschen Bibeltext: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.“Nun sitzen wir Normalsterblichen selten mit dem lieben Gott zu Tisch, noch seltener offenbart sich Göttliches auf dem Teller. Allerdings steckt in diesen Worten aus dem Matthäus-Evangelium auch ohne Religiosität jede Menge Wahres. Will sagen: Ein gutes Essen schmeckt ungleich besser, wenn auch die Seele Nahrung erhält – wie etwa bei einem guten Gespräch. Ebenso wie es sich besser diskutiert, wenn es was Anständiges zu essen gibt. Daher gilt an dieser Stelle der Dank dem keineswegs kostverächtlichen Tischgenossen, ohne dessen kluge Bestellung das Gasthaus Mühle womöglich weniger wohlwollend beurteilt worden wäre, als es hier der Fall ist. Aber zurück zum Anfang: Mit einem ordentlichen Maß Lieblichkeit verläuft die junge Donau hinter den Gebäuden der Mühle. Das Gasthaus selbst entspricht im Inneren dem Bild einer typischen Wirtschaft: honiggelbes Mobiliar, ein wenig Tierpräparat an den Wänden. Auch sehr hübsch: der natürlich beschattete Biergarten. Und zum Glück: Ein sympathischer Kellner, der immer genau zu wissen scheint, was der Gast gerade wünscht. Als Vorspeise kommt ein sommerliches Gemüse-Sülzchen mit angenehmer Säure und Frische an den Tisch. Außerdem eine Flädlesuppe, der man die hausgemachte Brühe anschmeckt, auch wenn die Flädle ein wenig aufgeschwemmt in der Terrine hocken und daher zu einer gewissen Matschigkeit neigen. An ähnlichen Symptomen krankt auch eine Komponente eines Hauptgerichts: das die Spinat-Käse-Nocken begleitende Gemüse. Dieses wirkt wie in der Mehlschwitze ertrunken. Zudem sind Spargel und andere Gemüse doch deutlich über ein kau-relevantes Maß hinaus gegart. Die an sich schmackhaften Nocken hätten eine intensivere Begleitung gebrauchen können.
Doch derlei Betrachtungen rücken allesamt in den Hintergrund, wenn der Star der Mahlzeit des Mitreisenden in Begleitung eines breiten Kellnerlächelns einschwebt: der Zwiebelrostbraten mit Spätzle. Und hier hat die Küche einfach alles richtig gemacht: Das sehr schön abgehangene Fleisch hält die saftige Balance zwischen Röstaroma und zartem Biss, untermalt vom krossen Knuspern der Zwiebeln. Die kernigen Spätzle sind lang und mit Butter veredelt. Der dazu gereichte Bratensaft ist ein intensives Konzentrat aus eindrücklichen Fleischaromen: dicht, rauchig und einfach der Traum eines jeden Soßen-Schwaben.
Obwohl damit das Meiste über die Mühle Dietfurt gesagt wäre, bleibt noch zu erwähnen, dass der gemischte Salat erfreulich frisch serviert wird. Der Vollständigkeit halber sei noch die Crème brûlée genannt, die dank eines niedrigen und breiten Gefäßes eine große Karamelloberfläche besitzt. Warm, also frisch abgeflammt, hätte diese Schicht noch besser schmecken können. Aber wie gesagt: Göttliches auf dem Teller ist und bleibt eine Seltenheit, obwohl der Zwiebelrostbraten in der präsentierten Form durchaus ein stilles Dankgebet an die Küchenchefin rechtfertigt, nebst einem gänzlich konfessionsneutralem „Vergelt’s Gott!“ Burgstraße 9 72514 Inzigkofen-Dietfurt Telefon 07571-51715 www.muehle-dietfurt.de Geöffnet Dienstag-Sonntag durchgehend ab 11.30 Uhr, Montag Ruhetag. Hauptgerichte 11,9023,90 Euro. Weitere www.schwäbische.de/aufgegabelt