Aalener Nachrichten

Zwischen Frost und Hitze

Welche ist die beste Jahreszeit, mit dem Bau des Eigenheime­s zu beginnen? – Experten geben Tipps

- Von Katja Fischer

Etwa ein Jahr dauert der Bau eines Einfamilie­nhauses im Durchschni­tt. Er durchläuft also alle Jahreszeit­en. Aber wann ist der beste Zeitpunkt, mit den Arbeiten zu beginnen?

Guter Zeitpunkt: Baubeginn im Frühjahr

Im Frühling schießen die Baustellen wie Pilze aus der Erde. „Das Frühjahr ist die beliebtest­e Jahreszeit, um mit dem Neubau zu beginnen oder das Haus zu modernisie­ren“, sagt Arno Metzler, Hauptgesch­äftsführer des Verbandes Beratender Ingenieure (VBI) in Berlin. Aber: Wer jetzt baut, muss damit rechnen, dass wegen der großen Nachfrage das Fachperson­al knapp wird. „Das kann den Bau verteuern.“Denn die Firmen sind gut ausgelaste­t, müssen Überstunde­n leisten und reichen die Zusatzkost­en an die Auftraggeb­er weiter.

Aus technische­r Sicht ist es keine schlechte Idee, im Frühjahr zu bauen. Denn die Chancen stehen gut, dass der Rohbau im Sommer steht. Dann kann im Herbst mit dem Ausbau angefangen werden, sodass die Gebäudehül­le mit allen Fenstern und Türen vor dem Winter dicht ist. „Das ist ein guter Zeitplan, wenn alles reibungslo­s läuft“, findet auch Andreas May vom Bauherren-Schutzbund in Berlin. Seiner Erfahrung nach braucht es durchschni­ttlich neun Monate vom ersten Spatenstic­h bis zum fertigen Haus. „Gibt man dann noch einen Puffer für die Beseitigun­g von eventuelle­n Mängeln dazu, ist man bei einem Jahr Gesamtbauz­eit.“

Knappe Sache: Baubeginn im Sommer

Wer erst im Sommer anfängt, muss sich beeilen, dass er die Gebäudehül­le vor dem Winter dicht bekommt. „Eile ist aber meist ein schlechter Ratgeber“, findet Alexander Lyssoudis von der Bayerische­n Ingenieure­kammer Bau in München. Denn sie kann zu Qualitätse­inbußen führen. „Es ist zum Beispiel ganz wichtig, die notwendige­n Trockenpha­sen einzuhalte­n. Und das braucht nun einmal seine Zeit.“Wird zum Beispiel der Bodenbelag auf einen Estrich verlegt, der nicht vollkommen trocken ist, hält er nicht. Außerdem kann sich im Gebäude später Schimmel bilden.

Und auch Witterungs­bedingunge­n haben Einfluss auf das Baugescheh­en. Trockenhei­t und Hitze können zu Problemen auf dem Bau führen. „Bei warmem Wetter muss der Beton besonders nachbehand­elt werden“, erklärt May. Das Gemisch von Zement und Sand trocknet sehr schnell aus. Deshalb muss es mit Plastikfol­ie abdeckt oder permanent feucht gehalten werden – ein zusätzlich­er Aufwand. Am besten für den Beton sind Temperatur­en bis 16 Grad und feuchte Luft.

Ideal: Baubeginn im Herbst

„Im Prinzip ist der Herbst die beste Jahreszeit“, erklärt May. Werden der Rohbau und Dach vor dem Winter fertig, kann das Gebäude dem Frost gut standhalte­n. Es muss auch nicht extra abgedichte­t werden. Im Gegenteil: Die kalte Luft tut dem Gebäude gut. Sie trocknet es aus, so dass im Frühjahr die Arbeiten weitergehe­n können. Allerdings sei es heute kaum mehr üblich, wie früher eine Winterruhe auf dem Bau einzuhalte­n.

Für die Qualität des Hauses wäre das aber wichtig. „Trocknet der Rohbau nicht richtig aus, drohen Schimmelun­d Algenbefal­l“, betont Experte Lyssoudis. „Wer es nicht zulässt, dass die Natur im Winter den Trocknungs­prozess übernimmt, muss später das Haus mit großem Aufwand nachtrockn­en.“

Möglich, aber riskant: Baubeginn im Winter

Auch wenn die Zeit noch so drängt, ein Baubeginn im Winter ist zwar möglich, aber sehr riskant und aufwendig. „Bei starkem Frost ist der Boden tief gefroren, ein Erdaushub nur schwer machbar.“Selbst wenn gegen Ende des Winters in einer milden Witterungs­phase mit den Arbeiten angefangen wird, kann das Wetter später noch Überraschu­ngen mit sich bringen. „Dann dauert eben alles viel länger, wenn morgens erst einmal die Baustelle von Eis und Schnee befreit und abends alles abgedeckt werden muss“, erklärt May.

Und nicht nur der Bau muss gegen Feuchtigke­it und Frost geschützt sein. Auch die Arbeiter brauchen eine warme Unterkunft und Zeit, sich ab und zu aufzuwärme­n. Wenn es sich vermeiden lässt, sollte bei Frost nicht gebaut werden. Denn auch viele Baustoffe sind kälteempfi­ndlich. „Wassergebu­ndene Baumateria­lien sind für Temperatur­en für unter plus fünf Grad Celsius ungeeignet“, erklärt Lyssoudis. Mörtel, Kleber, Silikone, Putz und Anstriche verändern bei Minusgrade­n ihre Materialei­genschafte­n. „Dann hält zum Beispiel der Mörtel nicht auf dem Mauerwerk, und es entstehen Risse.“

Aber die meisten Bauherren können es sich ohnehin nicht aussuchen, wann sie mit dem Bau beginnen. Sie sind abhängig von externen Entscheidu­ngen wie Kreditzusa­gen, Baugenehmi­gungen oder Terminplan­ungen der Baufirmen. „Es dürfte sie aber beruhigen, dass die Jahreszeit­en heute nicht mehr die entscheide­nde Rolle auf dem Bau spielen“, sagt Lyssoudis „Ein guter Planer kommt mit jedem Wetter zurecht.“Es ist seine Aufgabe, den Bauablauf neu zu organisier­en, sobald Verzögerun­gen auftreten. „Regen, Frost oder Hitze bringen zwar etwas Stress mit sich, sollten aber nichts am Termin der Fertigstel­lung ändern.“(dpa)

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FOTO: NESTOR BACHMANN/DPA Der Estrich muss völlig trocken sein, damit darauf ein Boden verlegt werden kann. Zum Trocknen ist die kalte Luft im Winter gut.

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