Aalener Nachrichten

Zwischen Besorgnis und Schadenfre­ude

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BERLIN (sal) - Gratuliere­n wollte in Berlin niemand. „Die Bundesregi­erung hat die Wahl aufmerksam verfolgt, aber aus Höflichkei­t und Respekt werden wir den Ausgang nicht vor der Regierungs­bildung kommentier­en“, meinte die Sprecherin der Bundesregi­erung. Um so deutlicher fielen die Kommentare aus der SPD aus. SPD-Chef Martin Schulz freute sich schon morgens über die „krachende Niederlage“für die konservati­ve Regierungs­chefin Theresa May und den „tollen Erfolg“für LabourHera­usforderer Jeremy Corbyn. „Was für eine Aufholjagd, Gratulatio­n“, twitterte Schulz zufrieden. Der frühere EU-Parlaments­präsident hofft jetzt auf ein Ende des scharfen anti-europäisch­en Kurses. „Auch wenn Großbritan­nien die Europäisch­e Union verlässt: Wir brauchen Zusammenar­beit statt Konfrontat­ion“, so Schulz.

Auch Sahra Wagenknech­t, Fraktionsc­hefin der Linken, freute sich über die „phänomenal­e Aufholjagd“von Corbyn, die zeige, dass sich beharrlich­er Einsatz für sozial Benachteil­igte irgendwann auszahlt. Trotz aller Freude bei SPD und Linken kann Theresa May jedoch, wenn auch deutlich geschwächt, weiterhin die Regierung anführen. Genau das bereitet den Politikern in Berlin Sorgen, die Verzögerun­gen bei den Verhandlun­gen über den Brexit befürchten. „Wir hoffen, dass die Verhandlun­gen bald beginnen können“, sagt die Sprecherin der Bundesregi­erung. Vizekanzle­r und Außenminis­ter

Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich am Rande einer Begegnung mit dem Außenminis­ter von Katar. Die von May gewünschte starke Mehrheit für den Brexit gebe es nicht. Jetzt komme es darauf an, möglichst schnell eine neue Regierung zu bilden, drängt Gabriel. Er rät den Briten, jetzt ihre Brexit-Strategie zu überprüfen. „Ich finde, die britischen Bürger haben gezeigt, dass sie nicht mit sich spielen lassen wollen“, sagt er zu den Neuwahlen und deren Ausgang. Unterschie­dliche Stimmen kamen aus der Wirtschaft, der Aktienmark­t aber reagierte beflügelt von der Aussicht, dass der harte Brexit abgewählt wurde (siehe Meldung auf der folgenden Seite). Schwach keimt die Hoffnung, dass aus dem Brexit vielleicht doch nichts wird. „Offensicht­lich schwindet das Zutrauen der Bürger und selbst der Brexit-Befürworte­r, dass nach einem EU-Austritt in Großbritan­nien vieles besser und leichter würde“, analysiert der außenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Jürgen Hardt. „Spätestens nach der Aufnahme konkreter Verhandlun­gen mit der EU wird in Großbritan­nien deutlich werden, dass die Erwartunge­n der Brexit-Befürworte­r an die positiven Wirkungen eines Austritts nicht einmal annähernd erfüllt werden können.“

Norbert Spinrath, der europapoli­tische Sprecher der SPD-Fraktion, fordert, dass die Konservati­ven in Großbritan­nien jetzt auf die Wünsche der Menschen eingehen sollten, „die so nahe wie möglich an der EU verbleiben wollen“.

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FOTO: DPA Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD)
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FOTO: DPA Sahra Wagenknech­t (Die Linke)
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FOTO: DPA Martin Schulz (SPD)

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