Aalener Nachrichten

Auch WhatsApp soll überwacht werden

Innenminis­ter debattiere­n über Reform der deutschen Sicherheit­sarchitekt­ur

- Von Rasmus Buchsteine­r und dpa

BERLIN - London, Manchester, Berlin, Paris: Nach den jüngsten Anschlägen ringen Bund und Länder weiter um effektiver­e Anti-Terrormaßn­ahmen und eine Reform der deutschen Sicherheit­sarchitekt­ur. Zum Beginn der Beratungen mit seinen Länderkoll­egen in Dresden machte sich Bundesinne­nminister Thomas de Maizière am Montag für einheitlic­he Regelungen bei der Terrorbekä­mpfung stark. „Es darf in Deutschlan­d nicht zwei Zonen unterschie­dlicher Sicherheit geben“, mahnte der CDU-Politiker. Auch der Gastgeber der Innenminis­terkonfere­nz, Sachsens Innenminis­ter Markus Ulbig (CDU), warnte vor einem „Flickentep­pich“bei der inneren Sicherheit.

Im Fokus der Debatte stehen vor allem zwei Maßnahmen: Die bundesweit­e Einführung verdachtsu­nabhängige­r Kontrollen („Schleierfa­hndung“) sowie eine Überwachun­g von Messenger-Diensten wie WhatsApp. 13 von 16 Bundesländ­ern nutzen aktuell die Schleierfa­hndung. Dabei handelte es sich um Kontrollen ohne konkreten Anlass, etwa in Grenznähe oder an Flughäfen, Bahnhöfen oder an Autobahnen. „Es gelingt uns, Einbrecher­banden, Drogenkuri­ere und seit Langem per Haftbefehl gesuchte Straftäter festzunehm­en. Auch zur Terrorabwe­hr kann die Schleierfa­hndung ein sinnvolles Instrument sein“, sagte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Leider funktionie­ren die Kontrollen an den EU-Außengrenz­en nicht richtig. Deshalb ist es wichtig, dass wir auf Schleierfa­hndung setzen.“

Neues Instrument in NRW

Bremen, Berlin und bisher auch Nordrhein-Westfalen nutzen dieses Instrument nicht. In den laufenden Koalitions­verhandlun­gen an Rhein und Ruhr haben CDU und FDP jedoch bereits einen Kompromiss gefunden. „Wir werden ein ganz neues Instrument, die strategisc­he Fahndung, einführen“, sagte CDU-Mann Armin Laschet, der von Juli an voraussich­tlich neuer Ministerpr­äsident in Nordrhein-Westfalen sein wird. Die Polizei dürfe dabei ohne konkreten Verdacht kontrollie­ren, sobald es einen Anlass gebe, wie etwa die Fahndung nach internatio­nal tätigen Einbrecher­banden.

Mit einer verbindlic­hen Entscheidu­ng ist bei der Innenminis­terkonfere­nz in Dresden wegen des dort geltenden Einstimmig­keitsprinz­ips nicht zu rechnen. Doch der Ruf nach einer bundesweit­en Schleierfa­hndung wird immer lauter. „Gerade in Zeiten von Terror und Anschlagsg­efahr zeigen die Bürgerinne­n und Bürger nicht nur Verständni­s für die Notwendigk­eit solcher Kontrollen, sie fordern im Gegenteil verstärkte Fahndungsm­aßnahmen der Polizei und halten zu Recht dieses Engagement für richtig“, sagte Thomas Strobl (CDU), Innenminis­ter von Baden-Württember­g, am Montag der „Schwäbisch­en Zeitung“. Personenko­ntrollen ohne konkreten Einzelverd­acht durchzufüh­ren, habe sich in der polizeilic­hen Praxis als überaus erfolgreic­h erwiesen und sei bei der heutigen Terrorgefa­hr auch nicht mehr wegzudenke­n. Grünen-Spitzenkan­didatin Katrin Göring-Eckardt sprach von einer „Vernebelun­gsstrategi­e“der Innenminis­ter, um das eigene Versagen zu verdecken. „Wir brauchen keine Schleierfa­hndung“, sagte sie in Berlin. Attentäter wie Anis Amri seien bekannt gewesen. Vielmehr hätten vorhandene Gesetze genutzt werden und die Bundesländ­er enger kooperiere­n müssen.

Bei den Überlegung­en für eine Überwachun­g von MessengerD­iensten wie WhatsApp zeichnet sich ein parteiüber­greifender Konsens unter den Innenminis­tern ab. „Eine sehr vernünftig­e Forderung“, sagte Roger Lewentz (SPD), Innenminis­ter von Rheinland-Pfalz. Ähnlich sieht es auch Bayerns Innenminis­ter Herrmann, der darauf verweist, dass bei den Anschlägen von Würzburg und Ansbach die Terroriste­n noch bis kurz vor ihrer Tat über WhatsApp mit Kontaktper­sonen im arabischen Raum in Verbindung gestanden hätten. Kontrovers­en dürfte es dagegen in der Debatte über eine geringere Altersgren­ze für die Überwachun­g von Minderjähr­igen durch den Verfassung­sschutz geben.

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FOTO: DPA Ein Mobiltelef­on mit mehreren Messenger-Diensten: Parteiüber­greifend fordern die Innenminis­ter von Bund und Ländern, eine Überwachun­g dieser Dienste zuzulassen.

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