„Wir brauchen gemeinsame Standards und eine bessere Kooperation“
BERLIN - Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) macht sich für eine einheitliche Sicherheitsarchitektur in Deutschland stark. „Islamistische Gefährder machen nicht vor Landesgrenzen halt“, sagte Herrmann im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner.
In Nordrhein-Westfalen haben sich CDU und FDP nun offenbar auf ein Modell für anlassunabhängige Kontrollen geeinigt. Sind Sie damit nicht zufrieden?
Ich will mich nicht im Detail in die Sicherheitspolitik anderer Bundesländer einmischen. Armin Laschet setzt sich stark für eine Verbesserung der Sicherheit in NordrheinWestfalen ein. Ich bin für Föderalismus und gegen Zentralismus. Umso wichtiger ist es, dass die Länder ihre Hausaufgaben machen. Defizite bei der Inneren Sicherheit in einem Bundesland bedeuten immer auch Gefahren für ganz Deutschland. Islamistische Gefährder machen nicht vor Landesgrenzen halt.
Muss Deutschlands Sicherheitsarchitektur grundlegend verändert werden? Sollte der Bund hier mehr Kompetenzen erhalten?
Es gibt hier keinen Veränderungsbedarf. Die Kompetenzen des Bundeskriminalamts und des Bundesamtes für Verfassungsschutz sind in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt worden. Im Übrigen bringt mehr Zentralismus nicht automatisch mehr Sicherheit. Das zeigt der Blick in unser Nachbarland Frankreich. Bund und Länder müssen optimal zusammenarbeiten. Wir brauchen gemeinsame Standards und eine bessere Kooperation.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) pocht auf eine gezielte Überwachung von Messenger-Diensten wie WhatsApp. Warum ist dieses Instrument unverzichtbar?
Wir haben bei den Anschlägen im vergangenen Jahr in Würzburg und Ansbach erlebt, dass die Täter bis in die letzten Minuten vor ihren Attacken über WhatsApp mit Kontaktpersonen im Nahen Osten in Verbindung standen. Vielen ist nicht bewusst, dass wir hier eine gefährliche Rechtslücke haben. Ein Ermittlungsrichter kann heute bei Terrorverdächtigen die Überwachung des Telefonverkehrs und des SMS-Verkehrs anordnen. Bei WhatsApp und anderen MessengerDiensten ist das rechtlich nicht möglich. Angesichts der Bedrohungslage in unserem Land kann man das niemanden erklären.
Was fordern Sie konkret?
Für WhatsApp & Co. muss das Gleiche gelten, was für Telefon, Handy und SMS gilt. Hierfür muss das Telemediengesetz geändert werden. Wir wollen die Möglichkeit schaffen, dass nach richterlicher Anordnung die Kommunikation über Messenger-Dienste überwacht werden kann.
Der Bund will bei der Terrorabwehr künftig auch Gesichtserkennungs-Software in Zusammenhang mit Videoüberwachung nutzen. Ein sinnvoller Ansatz?
Natürlich! Wir wollen verstärkt auf den Einsatz von intelligenter Videoüberwachungstechnik setzen. Die Software zur biometrischen Gesichtserkennung soll zielgerichtet weiterentwickelt werden, um Täter schneller identifizieren zu können, die Trefferquote bei Fahndungen zu erhöhen und Verhaltensmuster möglicher Terroristen besser analysieren zu können. Die Speicherfristen von Videodaten wollen wir dazu deutlich verlängern.