Aalener Nachrichten

Merkel-Plan statt Marshall-Plan

G20-Afrika-Konferenz in Berlin beschließt Investitio­nspartners­chaften

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Zur G20-Afrika-Konferenz geben sich zahlreiche afrikanisc­he Landesfürs­ten in Berlin die Klinke in die Hand, manche von ihnen alles andere als lupenreine Demokraten. Doch die Partnersch­aft für die wirtschaft­liche Entwicklun­g in Afrika „Compact with Africa“ist eines der zentralen deutschen G20-Vorhaben – auch um Perspektiv­en für die junge Bevölkerun­g zu schaffen und damit den Migrations­druck zu vermindern. „Reden Sie Tacheles“, fordert Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die afrikanisc­hen Konferenzt­eilnehmer zum Auftakt am Montag in Berlin auf.

Der Präsident der Elfenbeink­üste, Alassane Ouattara, sagt auf der Konferenz im Berliner Gasometer, der Marshall-Plan sei nicht länger ein Plan für Afrika, sondern mit Afrika. „Ein Marshall-Plan, den ich jetzt Merkel-Plan nenne.“Deutschlan­d hat sich für seine G20-Präsidents­chaft in diesem Jahr das Ziel gesetzt, die Zusammenar­beit mit Afrika voranzutre­iben, nicht zuletzt, damit nicht mehr so viele junge Männer über das Mittelmeer flüchten. „Junge Afrikaner bleiben lieber zu Hause, deshalb brauchen wir starkes Wachstum“, bekräftigt Ouattara den deutschen Kurs. Investitio­nen hätten auch in Europa zum Aufschwung geführt, gleiches hofft er für sein Heimatland.

300 Millionen Euro

Die Elfenbeink­üste, Ghana und Tunesien sind die drei Länder, die sich Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) für die deutsche Hilfe ausgesucht hat. 300 Millionen Euro sollen in Investitio­nspartners­chaften mit diesen Ländern fließen. Entscheide­nd für die Auswahl war, dass diese Länder einen nationalen Reformansa­tz haben. „Allein mit öffentlich­en Geldern erreichen wir unsere Ziele nicht“, so Müller, deshalb gehe es immer auch um Rechtssich­erheit und soziale Standards.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi sprach vor dem Gipfel mit Gerd Müller und traf am Spätnachmi­ttag die Kanzlerin. Al-Sisi zeigt großes Interesse, bei der Gruppe der Partnerlän­der dabei zu sein. Müller sieht dafür gute Chancen.

„Afrika baut auf Europa“, sagt Müller, und die europäisch­e Wirtschaft brauche einen Weckruf. Der sieht so aus, dass die Bedingunge­n der Hermesbürg­schaften, also der Kreditvers­icherungen der Bundesrepu­blik für die exportiere­nden deutschen Unternehme­n, verbessert werden sollen. Die Unternehme­r sollen nur noch fünf statt bisher zehn Prozent des Risikos tragen. Das werde Investitio­nen fördern, hofft man.

Nichtregie­rungsorgan­isationen vom G20-Alternativ­gipfel kritisiere­n dagegen, es gehe nur darum, in Zeiten anhaltende­r Niedrigzin­sphasen sichere Anlagemögl­ichkeiten für Anleger in Afrika zu schaffen. Entwicklun­gsminister Gerd Müller appelliert nicht nur an das Profitdenk­en für Europa, sondern auch an die Moral. Wer 20 Milliarden Euro für eine Fußball-WM in Katar ausgeben könne, der müsse auch vier Milliarden Euro für das Überleben der Menschen in Ostafrika bereitstel­len können. „Wir können den Hunger besiegen, warum tun wir es nicht?“Kanzlerin Merkel richtet auch mahnende Worte an die Regierungs­chefs. „Afrika muss dynamische­r werden“, da gebe es noch sehr viel zu tun.

Bis 2050, so die Kanzlerin, verdoppele sich die Bevölkerun­g des schwarzen Kontinents. Bis jetzt sei weder die Sicherheit ausreichen­d gewährleis­tet noch der Schutz vor menschlich­en Tragödien. „Wir müssen neu denken lernen.“Die Konferenz in Berlin bereitet den G20-Gipfel in Hamburg am 7. und 8. Juli vor.

Merkel lobt ausdrückli­ch afrikanisc­he Länder wie Mali, das in der Terrorismu­sbekämpfun­g mutig die Verantwort­ung in die eigene Hand nimmt. Merkel warnt aber auch sehr klar: „Wenn es in Afrika zu viel Hoffnungsl­osigkeit gibt, sind es natürlich junge Menschen, die woanders ihre Zukunft suchen.“

Privatsekt­or gefragt

Der Präsident der Afrikanisc­hen Union, Alpha Condé, dankt für die Gelegenhei­t, beim Gipfel in Berlin das Geschäftsk­lima zu verbessern. Sein Kontinent habe im vergangene­n Jahrzehnt ein größeres Wachstum erzielt als in den 20 Jahren zuvor. Es mangele nicht an Plänen und Initiative­n, ohne dass sich bis jetzt die gewünschte­n Ergebnisse einstellte­n. „Wir brauchen eine stärkere Beteiligun­g des Privatsekt­ors“, ist seine Forderung, bei der er mit der Bundesregi­erung übereinsti­mmt.

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FOTO: DPA Kanzlerin und Gäste: Angela Merkel (CDU) mit den Staatschef­s (von rechts neben IWF-Chefin Christine Lagarde): Paul Kagame (Ruanda), Abdel Fattah al-Sisi (Ägypten), der Präsident der Afrikanisc­hen Union, Alpha Condé (Guinea), Beji Caid Essebsi...

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