Aalener Nachrichten

Fünf-Sterne-Bewegung in Italien ist im Sinken begriffen

- Von Thomas Migge, Rom

Die mit Spannung erwarteten Kommunalwa­hlen in Italien lieferten ein sehr überrasche­ndes Ergebnis. Die populistis­che Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) des ehemaligen Komikers Beppe Grillo kommt in keiner der wichtigste­n Großstädte in zwei Wochen in die Stichwahl. Überall, wo bisher die M5S Bürgermeis­ter und Stadträte stellten, wird es bei der Stichwahl um Sozialdemo­kraten und Mitte-Rechts-Kandidaten gehen.

M5S-Chef Grillo wurde sogar in seiner Heimatstad­t Genua besiegt. Der bärbeißige Grillo war sich seines Sieges in Genua so sicher, dass er jetzt von einem „Komplott“spricht.

In etwas mehr als tausend Kommunen wurde gewählt. Die Wahlbeteil­igung lag mit durchschni­ttlich 60 Prozent deutlich unter dem Wert der letzten Kommunalwa­hlen. Lag es am ausgezeich­neten Sommerwett­er? Oder an der Unlust von immer mehr Bürgern, überhaupt noch wählen zu gehen? Die Tageszeitu­ng „La Repubblica“vermutet als Grund die „Überzeugun­g, dass sowieso die Kandidaten gewinnen werden, die von Wahlprogno­stikern vorausgese­hen werden“. Doch alle Prognostik­er hatten sich getäuscht. Dass es nicht zu einem Sieg der M5S von Beppe Grillo kam, ist auf den Schlingerk­urs und die gravierend­en internen Schwierigk­eiten dieser Partei zurückzufü­hren.

M5S spaltet sich zunehmend in Hardliner und in jene, die dazu bereit sind, mit dem Mitte-Rechts-Bündnis oder den Sozialdemo­kraten von Matteo Renzi zu verhandeln. Wie schon vor Kurzem, als sich Matteo Renzis Sozialdemo­kraten, Silvio Berlusconi­s Forza Italia, die ausländerf­eindliche Partei Lega Nord von Matteo Salvini und die M5S auf ein neues Wahlgesetz geeinigt hatten. Dass Grillo, der jahrelang alle anderen Parteien als „korrupte Kaste“verteufelt hatte, nun mit ebendiesen Parteien gemeinsame Sache machen wollte, zunächst für ein neues Wahlgesetz und somit für vorgezogen­e Neuwahlen in diesem Herbst votierte, gefiel einer Mehrheit seiner Partei überhaupt nicht. M5S entschied sich in letzter Minute dann doch gegen das neue Wahlgesetz.

Spaltung nicht ausgeschlo­ssen

Grillos Vorstoß zusammen mit anderen Parteien hat die M5S-Hardliner alarmiert. Sie fühlen sich verraten. Nicht ausgeschlo­ssen ist eine Spaltung der politische­n Bewegung. Genau darauf spekuliere­n die anderen großen Parteien. Galt noch bis vor Kurzem die Gefahr einer möglichen Regierungs­übernahme durch die M5S als nicht ausgeschlo­ssen, dürfte diese nun in weite Ferne rücken. Das politische Fehlverhal­ten, das Nichthande­ln angesichts enormer kommunaler Probleme der beiden M5S-Bürgermeis­terinnen in Turin und vor allem in Rom schreckt immer mehr Sympathisa­nten der Bewegung ab. Anders kann man den politische­n Erdrutsch bei diesen Kommunalwa­hlen nicht erklären.

Ist damit die populistis­che Gefahr dieser antieuropä­ischen Bewegung, die das bestehende Parteiensy­stem aushebeln will, etwa gebannt. „Die Grillini haben verloren, weil sie nicht glaubwürdi­g sind“, erklärte am Montag Matteo Renzi. Die Tageszeitu­ng „Corriere della Sera“mahnt jedoch: Solange die etablierte­n Parteien „sich nicht auf den Hosenboden setzen und nicht effiziente­re und nicht mehr korrupte Kommunalpo­litik betreiben, solange wird die M5S wie ein Damoklessc­hwert über Italien schweben.“

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