Aalener Nachrichten

Königliche Klänge auf historisch­en Instrument­en

Kostbare „Musik der Empfindsam­keit“mit Concert Royal aus Köln im Thronsaal

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ELLWANGEN (R.) - Ein ungewöhnli­cher musikalisc­her Hochgenuss hat die zahlreiche­n Zuhörer des ersten Ellwanger Schlosskon­zerts 2017 begeistert. Mit Concert Royal aus Köln, 1987 von der Oboistin und Cembalisti­n Karla Schröter gegründet, war ein Ensemble zu Gast im Thronsaal des Schlossmus­eums, das sich auf die Aufführung­spraxis höfischer und repräsenta­tiver Musik des 18. und frühen 19. Jahrhunder­ts spezialisi­ert hat und zweimal mit dem Echo Klassik ausgezeich­net wurde.

Schröters intensiver Forschung sind vielfältig­e Programme in unterschie­dlicher Besetzung und musikalisc­he Neuentdeck­ungen zu verdanken. Mit dem in Sankt Petersburg geborenen Kammermusi­ker Alexander Puliaev stand ihr ein kongeniale­r Begleiter und Solist am Orgelposit­iv zur Seite.

Im Mittelpunk­t des Abends standen drei Triosonate­n für Oboe und obligate Orgel von Johann Wilhelm Hertel. Hertel war Schüler von Carl Philipp Emanuel Bach, „Hof- und Capell-Compositeu­r“am Hof der mecklenbur­gischen Herzöge in Ludwigslus­t und gilt als ein wichtiger Vertreter des „empfindsam­en Stils“der deutschen Frühklassi­k. Karla Schröters meisterhaf­tes, feinsinnig­es Spiel der Barockoboe fasziniert­e mit samtiger Fülle und bis ins Detail transparen­ten, ornamental­en Klangfarbe­n. Das von ihr nonchalant und liebevoll als „barockes Stuhlbein“bezeichnet­e Instrument wurde am französisc­hen Hof entwickelt. Barockoboe­n haben noch kein ausgefeilt­es Klappensys­tem. Das kommt, wie die Oboistin erläuterte, insbesonde­re dem differenzi­erten Klangchara­kter der Halbtöne zugute, erfordert jedoch eine spezifisch­e Atemtechni­k. Wie kraftvoll durchwirkt und virtuos Schröter diese beherrscht, machte nicht zuletzt der lange erste Satz von Hertels sinfonisch­er Partita d-Moll deutlich.

Bewegend interpreti­ertes Choralvors­piel

Nicht minder präzise artikulier­t und sorgfältig phrasiert erklang das meditative Choralvors­piel „O Gott, du frommer Gott“des mutmaßlich­en Bach-Schülers und Kantors der Dresdener Kreuzkirch­e Gottfried August Homilius. Dem weitgehend unbekannte­n barocken Komponiste­n Johann Georg Linike gebührt der Verdienst, von einem mehrjährig­en Aufenthalt in London Händel-Partituren nach Deutschlan­d mitgebrach­t zu haben.

Die „Royals“glänzten beim Vortrag von Linikes lebhafter Sonate FDur mit beeindruck­ender Legatokult­ur. Bewegend interpreti­erten Schröter und Puliaev das Choralvors­piel „Befiehl du deine Wege“von Gotthilf Friedrich Ebhardt, auch er einer der von Schröter wiederentd­eckten Kammermusi­ker.

Alexander Puliaev an der Truhenorge­l mit vier Registern beeindruck­te solistisch mit der quirligen Sonate in G des Venezianer­s Giovanni Battista Pescetti, Joseph Haydns reizvollen Miniaturen für die Flötenuhr, sprich Orgelpfeif­en, und Mozarts anmutigem Andante F-Dur für Orgelwalze. Das Vivace aus Homilius‘ Sonate für Oboe und Bass rundete als Zugabe das großartige Konzert ab.

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