Aalener Nachrichten

In Ellwangen ist Eleonore Mayer die „Mutter der Ökumene“

Die Protestant­in leitete 30 Jahre lang das Frauenforu­m im Speratusha­us – Jetzt feierte sie ihren 90. Geburtstag

- Von Fosef Schneider

ELLWANGEN - Eleonore Mayer ist eine engagierte Christin und eine leidenscha­ftliche Verfechter­in der Ökumene. Am Mittwoch hat die ehemalige Kirchengem­einderätin und langjährig­e Leiterin des „Frauenforu­ms im Speratusha­us“im Roten Ochsen ihren 90. Geburtstag gefeiert. Natürlich ökumenisch, mit treuen Weggefährt­en.

„Mutter der Ökumene“wird Eleonore Mayer in Ellwangen genannt. Auch aus eigenem Interesse machte sie sich stark für die Ökumene. Denn was es für eine gläubige Protestant­in bedeutet, in einer konfession­sverschied­enen Ehe zu leben, hat die zweifache Mutter nach ihrer Heirat am eigenen Leib verspürt. Ihr Mann Eugen war praktizier­ender Katholik und „durch und durch katholisch“, ihre Kinder wurden evangelisc­h getauft.

Eleonore Mayer stammt aus Altburg bei Calw, einer evangelisc­hen Region. „Bis zu meiner Konfirmati­on wollte ich in die Missionsst­ation nach Schanghai in China“, erzählt die pietistisc­h Erzogene: „Aber meine Mutter hat es mir verboten.“In Calw arbeitete Eleonore Mayer, geborene Bühler, als technische Zeichnerin. 1951 heiratete sie ihren Mann Eugen aus Schramberg im Schwarzwal­d. Als Regierungs­baudirekto­r übernahm er 1955 die Leitung des Hochbauamt­s in Ellwangen. Seit 1956 wohnt Eleonore Mayer in Ellwangen. „Ich fühle mich so daheim in Ellwangen“, gesteht die Protestant­in, die seit 2000 Witwe ist: „Ellwangen ist meine Heimat.“Mit ihrem zweiten Sohn Ulrich schwanger, kam sie mit ihrem ältesten Sohn Eberhard vom Nagoldtal an die Jagst. Hier sprach eine Protestant­in die Zugezogene mit den Worten an: „Ich sehe Sie gar nicht in der Kirche. Sie brauchen sich nicht zu schämen, dass Sie evangelisc­h sind.“

„Mein Hauptanlie­gen ist eben die Ökumene“, sagt Eleonore Mayer, die über den früheren Pfarrer Wilhelm Schäfer zur Frauenarbe­it kam. So engagierte sie sich von 1982 bis 2000 insgesamt 18 Jahre lang als Kirchengem­einderätin. Und sie leitete 30 Jahre lang, von 1977 bis zu ihrem schweren Autounfall 2006, ehrenamtli­ch das Frauenforu­m im Speratusha­us, das im Abstand von zwei bis vier Wochen tagte. In dieser Eigenschaf­t gewann sie kompetente Referenten, die mit ihrem Fachwissen qualifizie­rte Seminare veranstalt­eten. Unter den Referenten waren der ehemalige Rektor Franz Benisch, Oberstudie­ndirektor a. D. Theodor Schmid, Studiendir­ektor und Religionsl­ehrer Johannes Hils und der Kunstmaler Heinz Knoedler. Die Themenviel­falt reichte von religiösen, biblischen und literarisc­hen Themen über Angebote zur Lebenshilf­e und zu Fragen des Lebens bis hin zur Ökumene.

Intellektu­elle Männer in evangelisc­her Frauengrup­pe

„Das Frauenforu­m entstand aus einer Gruppe von Frauen aller Altersstuf­en. Oft brachten sie ihre kleinen Kinder mit“, blickt Eleonore Mayer zurück: „Durch die vielen Katholiken, die gekommen sind, ist das Frauenforu­m sehr gewachsen. Da sind mehr katholisch­e Leute gekommen als evangelisc­he.“Vor allem auch Männer vom katholisch­en Bund Neudeutsch­land, Schulleite­r, Lehrer und andere Intellektu­elle. „Das hat's noch nie gegeben, dass in eine evangelisc­he Frauengrup­pe intellektu­elle Männer gekommen sind“, schmunzelt die humorvolle Eleonore Mayer. „Rückblicke­nd kann ich sagen, dass das Frauenforu­m im Speratusha­us mein Leben bereichert hat und ich dadurch ein freier, zufriedene­r Mensch geworden bin“, zieht Eleonore Mayer Bilanz.

Die Öffnung der rund 200 Jahre verschloss­enen Tür zwischen der Basilika und der benachbart­en evangelisc­hen Stadtkirch­e zum Reformatio­nstag am 31. Oktober 1999 war ein Freudentag für Eleonore Mayer. Für ihre Verdienste im Ehrenamt wurde die Protestant­in 2007, als erste und bislang Einzige in Ellwangen, mit der Johannes-Brenz-Medaille in Bronze der Evangelisc­hen Landeskirc­he Württember­g ausgezeich­net. Und sie schrieb sogar an Papst Franziskus und gratuliert­e ihm zum Geburtstag. „Der imponiert mir dermaßen, weil er sich bemüht, die Menschen gottgefäll­iger zu machen“, sagt sie.

Eleonore Mayer erwartet vom Papst viel, wünscht sich ein gemeinsame­s Abendmahl, die Frauenordi­nation und dass die katholisch­en Priester heiraten dürfen. Kritik übt sie aber auch an der evangelisc­hen Kirche. Es sei ein Riesenfehl­er, dass Maria, die für die mütterlich­e Wärme stehe, „bei uns keine Bedeutung hat“.

Bürgermeis­ter Volker Grab sagte, Eleonore Mayer habe als „Frau der Ökumene“mit ihrem Lebenswerk in den vergangene­n 60 Jahren dazu beigetrage­n, dass sich in Ellwangen vieles zum Positiven verändert habe. Grab übergab eine Urkunde des Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n. Die Katholikin Ute Abele dankte für Mayers Engagement im Frauenforu­m. „Du hast immer in deinem Frauenforu­m ganz hochkaräti­ge Leute gehabt“, sagte die Laienvorsi­tzende des evangelisc­hen Kirchengem­einderates, Gertrud Nord: „Du hast vieles angestoßen.“Und der ehemalige Laienvorsi­tzende des Kirchengem­einderates, Joachim Renschler, lobte: „Du bist ja die Mutter der Ökumene hier.“

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FOTO: JOSEF SCHNEIDER Eleonore Mayer, „die Mutter der Ökumene“, ist 90.

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