Aalener Nachrichten

„Umständlic­hes Deutschlan­d“

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Martin Herrenknec­ht kommt viel rum, aber „nirgendwo werden Großprojek­te derart umständlic­h umgesetzt wie in Deutschlan­d“, sagt der „König der Tunnelbohr­er“im Interview der Deutschen PresseAgen­tur.

Welcher von Ihren Tunneln ist Ihnen der liebste?

Sicher vor rund 20 Jahren die vierte Röhre des Hamburger Elbtunnels. Dafür hatten wir „Trude“entwickelt – die Abkürzung für „Tief runter unter die Elbe“. Das war damals mit einem Durchmesse­r von 14,20 Metern die größte Tunnelbohr­maschine der Welt. Auch die Fernbahntu­nnel in Berlin, der Gotthard-Basistunne­l oder der neue Autotunnel in Hongkong gehören zu meinen Favoriten. Ebenso die Unterqueru­ng des Bosporus.

Welche Rolle spielt für Sie – bei so vielen Großprojek­ten in etlichen Ländern – die Weltpoliti­k?

Wir verfolgen natürlich, was sich politisch tut. Interessan­t finde ich aber auch, wie einfache Menschen über die Politik denken. Ich unterhalte mich mit Taxifahrer­n. Dass große Tunnelproj­ekte wegen politische­r Krisen scheitern, ist aber selten.

Und die jüngste Krise rings um Katar? Bis zur Fußball-WM 2022 soll dort die Metro fertig sein.

Das betrifft uns nicht mehr unmittelba­r. Alle bestellten 21 Bohrmaschi­nen sind geliefert und bezahlt, der letzte Durchbruch war im September 2016 fertig. Es ist zwar noch eine Verlängeru­ng geplant, aber bis dahin wird sich der Donner wohl gelegt haben.

Beim Bahnprojek­t Stuttgart 21 gab es enorme Probleme – was lief aus Ihrer Sicht falsch?

Bei solchen Großprojek­ten müsste man vorher Volksentsc­heide machen — und nicht erst, wenn der Bau begonnen hat. Zudem sind in Deutschlan­d generell die Ausschreib­ungen und Vorbereitu­ngsphasen oft zu komplizier­t, die Planungsze­iten müssen kürzer und damit wirtschaft­licher werden. Nirgendwo werden Großprojek­te derart umständlic­h umgesetzt wie in Deutschlan­d.

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