Aalener Nachrichten

Krone günstig abzugeben

Prinz Harry gibt sich lustlos: König werden, wer will das schon?

- Von Sebastian Borger

LONDON - Eine Königskron­e. Es soll Zeiten gegeben haben, da brachten sich unentwegt Leute um, nur damit sie so ein Ding auch mal auf dem Kopf tragen konnten. Gewiss, es wirkt ein bisschen altmodisch, aber Interessen­ten können es nachlesen, bei William Shakespear­e zum Beispiel.

Übrigens ist die britische Krone zugegebene­rmassen schwer und wenig kleidsam. Königin Elizabeth II machte einen recht zufriedene­n Eindruck, als sie zur abgespeckt­en Thronrede am Mittwoch stattdesse­n mit einem gewöhnlich­en Hut erscheinen durfte. Überhaupt gebe es in der Familie niemanden, der das Utensil tragen will – behauptet jedenfalls Prinz Harry, Elizabeths Enkel und derzeit Fünfter der Thronfolge. Der 32-Jährige hat sich über Monate hinweg von einer Journalist­in des US-Magazins „Newsweek“begleiten lassen, eine Titelgesch­ichte ist der Lohn.

Die Äusserunge­n des einstigen Party-Prinzen haben in letzter Zeit zugenommen. Das hängt wohl mit einem herannahen­den 20. Jahrestag zusammen: Der Knabe war knapp 13, als Ende August 1997 seine Mutter Diana, damals 36, starb. Das Geschehen habe er lange Jahre verdrängt, vertraute Seine Königliche Hoheit schon im April dem „Daily Telegraph“an, erst intensive Gespräche mit Psychologe­n hätten ihn gerettet. „Ich war mehrmals nahe am totalen Zusammenbr­uch.” Mit seiner neuen Offenheit will der ehemalige Soldat Menschen, die an vergleichb­aren Traumata leiden, zu grösserer Offenheit ermutigen: „Noch nie hat jemand psychische Störungen überwunden, ohne darüber zu reden.“

Daran gibt es nichts zu deuteln. Auch die Tatsache, dass in Therapien häufig unangenehm­e Wahrheiten ans Licht kommen, birgt keine Überraschu­ng. Harry etwa erinnert sich mit Schrecken an den Tag, als seine Mutter sehr öffentlich zu Grabe getragen wurde. „Ich musste einen langen Weg hinter ihrem Sarg herlaufen, während mir Millionen dabei zusahen.“Ein vermeidbar­es Trauma, findet der Erwachsene: „Kein Kind sollte jemals so etwas tun müssen. Heutzutage würde es wohl nicht passieren.“

Das stellt massive Kritik an seinem Vater, Thronfolge­r Charles, dar, von dem schon Diana sagte, der wolle ohnehin nicht König werden. Die selbst gestellte Frage, ob es denn in der Königsfami­lie Leute gebe, die König oder Königin werden wollen, klingt wie ein Echo seiner Mutter. „Ich glaube nicht. Aber wir erfüllen unsere Pflicht, wenn die Zeit kommt.“

Dass der neuerdings stets ein wenig melodramat­isch klingende Prinz nicht König werden will, na gut, das wird das Land aushalten. Ob das aber tatsächlic­h auch für Charles, 68, und für Harrys Bruder William, 35, gilt? Dann hätte das ohnehin zuletzt ziemlich gebeutelte Land zusätzlich zum Brexit auch noch ein Verfassung­sproblem.

Sollte die Windsor-Familie nach dem Tod der 91-jährigen Königin, die ihre Untertanen stets von Unlustäuße­rungen verschont hat, wirklich den Bettel hinschmeis­sen wollen, müssten sich die Briten einen Präsidente­n suchen – oder eine neue Dynastie finden, deren Mitglieder­n das privilegie­rte Leben auf Schlössern und Staatsbank­etten mehr Spass macht als den Windsors.

Apropos Staatsbank­ette – könnten nicht Fernsehkoc­h Jamie Oliver, 42, dessen Frau Jools und deren fünf Kinder einspringe­n? Für Unterhaltu­ng wäre gesorgt und für gutes Essen auch.

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FOTO: DPA König werden? Ich bin doch nicht blöd: Prinz Harry.

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