Aalener Nachrichten

Nicht noch eine Große Koalition

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

Es ist noch nicht so lange her, da war der höchstrang­ige deutsche Amtsträger mit FDP-Parteibuch der Oberbürger­meister von Dresden. Jetzt sitzen die Liberalen bald schon wieder in drei Landesregi­erungen – und zwar in drei unterschie­dlichen Konstellat­ionen. Für die klassische Formation SchwarzGel­b hat es nur in Düsseldorf gereicht. In Kiel experiment­iert man mit Jamaika, in Mainz regiert die Ampel. Beide Varianten machen eine Zusammenar­beit mit den Grünen nötig, die von FDP-Strategen einmal zum Hauptgegne­r stilisiert worden waren. Lang ist’s her.

Auch die Grünen zeigen sich flexibel. Nach Hessen und Baden-Württember­g gehen sie in Schleswig-Holstein erneut ein Bündnis mit der CDU ein, und das bei einer Zustimmung von mehr als 84 Prozent der Mitglieder – erstaunlic­h viel für eine Partei, die dort gerade noch mit der SPD und dem linksliber­alen DänenBündn­is SSW Politik gemacht hat.

Eine Große Koalition, so hieß es lange, sollte den Staat nur in Ausnahmefä­llen regieren. Die Deutschen haben es sich in diesem vermeintli­chen Ausnahmezu­stand in den letzten Jahren ganz gut eingericht­et, und die Bundeskanz­lerin hat dies erst recht. Doch der Satz bleibt gültig. Bester Beleg dafür ist ein Blick nach Österreich. In 23 der letzten 30 Jahre haben dort Rote und Schwarze gemeinsam regiert. Zugenommen haben Politikver­drossenhei­t und Populismus, die Regierungs­partner sind mit ihren Kandidaten bei der Präsidents­chaftswahl gescheiter­t und einander derart überdrüssi­g, dass sie ohne Not eine vorgezogen­e Neuwahl vom Zaun gebrochen haben.

So weit ist es in Deutschlan­d nicht. Damit es auch nicht so weit kommt, tun alle Parteien gut daran, keine unüberwind­lichen Hürden für neue Bündnisse aufzubauen. Denn in Berlin bleibt ein Zweierbünd­nis aus Union und FDP, wie es jetzt in Düsseldorf besiegelt wurde, eher unwahrsche­inlich. Im Bundesrat wäre es übrigens erst recht von einer Mehrheit weit entfernt – dort könnte derzeit sogar Schwarz-Grün auf mehr Stimmen zählen als SchwarzGel­b.

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