May macht Brüssel Angebot
3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien sollen Bleiberecht beantragen – Minderheitsregierung steht
LONDON - Die 3,2 Millionen in Großbritannien lebenden EU-Bürger sollen auch nach dem Brexit britischen Staatsbürgern gleichgestellt werden. Wer fünf Jahre auf der Insel verbracht hat, muss sich bis 2021 um den „Status der Sesshaftigkeit“bewerben. Premierministerin Theresa May stellte am Montag im Unterhaus Details ihres Angebotes vor, das beim EU-Gipfel vergangene Woche auf erhebliche Skepsis gestoßen war. Dabei wandte sich die Regierungschefin auch direkt an die Betroffenen: „Wir möchten, dass Sie bleiben.“
Am Vormittag beendete die konservative Parteichefin erfolgreich die Verhandlungen, die ihre eigene politische Zukunft betrafen. Mit der Vorsitzenden der nordirischen Unionistenpartei DUP, Arlene Foster, einigte sie sich auf ein Kooperationsabkommen, wonach die zehn nordirischen DUP-Abgeordneten im Unterhaus die konservative Minderheitsregierung bei Vertrauens- und wichtigen Finanzabstimmungen unterstützen. Im Gegenzug soll der zum Vereinigten Königreich gehörende Norden der irischen Insel zusätzlich eine Milliarde Pfund Unterstützung bekommen. Die Auszahlung der Gelder ist an die Bildung einer Regionalregierung gebunden.
Seit dem Brexit-Referendum vor Jahresfrist gab es Unklarheit über den zukünftigen Status der mehr als drei Millionen Europäer, darunter fast eine Million Polen und 400 000 Iren, deren Heimatländer entweder EU oder Efta angehören. Erst am Freitag hatte der frühere Finanzminister und May-Erzfeind George Osborne gesagt, die frühere Innenministerin sei für die schwierige Situation mitverantwortlich. Unmittelbar nach der Volksabstimmung habe der damalige Premierminister David Cameron den Europäern das Bleiberecht zusichern wollen. „Das ganze Kabinett stimmte damit überein, bis auf die Innenministerin, Frau May, die darauf bestand, den Vorschlag abzulehnen“, hieß es im „Evening Standard“, als deren Chefredakteur Osborne mittlerweile amtiert.
Den Vorstellungen der Regierung zufolge soll das kürzlich von 85 auf einige Dutzend Seiten abgespeckte Antragsformular für den „permanenten Aufenthalt“bald der Vergangenheit angehören. Diese bürokratische Hürde hatte bei vielen EU-Ausländern für Verwirrung gesorgt. Die Prozedur sei „beleidigend und eine riesige Verschwendung kostbarer Zeit“, ärgert sich die Ökonomie-Professorin Mariana Mazzucato vom University College London.
Kommunalwahlrecht eingebüßt
Um der zunehmenden Unruhe unter EU-Bürgern vorzubeugen, weisen Offizielle seit Längerem darauf hin, dass sich für Langzeit-Migranten vom Kontinent durch den Brexit nichts ändern werde. „Sie genießen die gleichen Rechte auf Sozialunterstützung, Gesundheitsversorgung und Rente wie britische Staatsbürger“, bestätigte die Premierministerin. Wie bisher zahlen die EU-Bürger ihre Steuern im Land und dienen als Geschworene bei Gericht. Einbüßen sollen die EU-Ausländer hingegen ihr Kommunalwahlrecht, bei Unterhauswahlen und Volksabstimmungen durften sie schon bisher nicht mitstimmen.
Erneut machte May ihre Offerte davon abhängig, dass die Rechte der rund eine Million auf dem Kontinent lebenden Briten gewahrt bleiben. Außerdem will die Regierung „Schwerkriminelle und Rückfalltäter“ausdrücklich von dem neuen Status ausnehmen in der Hoffnung, dass dadurch die Abschiebung verurteilter Verbrecher in EU-Länder erleichtert werden kann.